Ex-Jugoslawien

Altes Land  - neue Staaten

Slowenien – Kroatien – Bosnien-Herzegowina
Reisezeit 26.05. bis 15.06.2018

StepMap-Karte-Ex-Jugoslawien

 

Reise durch drei ehemalige jugoslawische Republiken, in denen sich noch viele Spuren des Bürgerkriegs finden, dessen Wunden noch nicht verheilt sind.

Es ist die erste Fahrt mit unserem gerade gebraucht erstandenen, hellblauen Wohnmobil mit aufgemalten surfenden Krokodil und bootfahrenden Delphin zwischen Fischlein und Vögelchen. Der Vorbesitzer muss ein Elektro-Fan gewesen sein: Wir zählen im Wohnbereich 18 (in Worten: achtzehn) Lampen und Lämpchen. Die Inneneinrichtung ist edel: Schränke, Tisch und Bänke sind sorgfältig aus Holz gefertigte Schreinerarbeiten. Und über unserem großen Himmelbett im Alkoven funkelt ein Sternenhimmel, zusammengesetzt aus vielen bunten Lämpchen. Fernseher und Stereoanlage mit sechs Lautsprechern sind vorhanden – aber klar doch!Kroko-Camper

      INHALT:

 

Auf der mäßig frequentierten AB fahren wir durch Österreich Richtung slowenischer Grenze. Die Autobahnfahrt ist etwas ätzend, weil ein Großteil der Strecke durch Tunnels geführt ist. Und sehr heiß ist es oben drein.

Wir erreichen über Graz den Grenzübergang Spielfeld und reisen hier nach Slowenien ein.

Slowenien

Wir sind drin, in dem seit 2004 auch EU-Land Slowenien, das gleichzeitig auch Nato-Mitglied wurde. Zunächst noch Autobahn, führt unsere Route über Maribor zur slowenisch-kroatischen Grenze. Eigentlich ist es nur ein kurzes Stück Weges, doch wir beschließen, diese Nacht in Slowenien zu bleiben. Deshalb fahren wir noch vor Überquerung des Flusses Drava/Drau von der Hauptstraße ab und folgen der Beschilderung zu einem Restaurant namens M&M entlang von Ministraßen.

Welch eine glückliche Fügung! Zur Linken findet sich oberhalb des Flusses das Restaurant M&M und direkt daneben ein Parkplatz mit Wiese. Wir fragen die nette junge Wirtin, ob es Abendessen gibt und ob wir mit unserem Camper die Nacht auf dem Parkplatz verbringen dürfen. Aber selbstverständlich dürfen wir das. Und ein Abendessen gibt es auch.

Markovcih Slowenien

Der Ort heißt Markovci pri Ptuju. Wir erholen uns von der Fahrerei und setzen uns unter einem Baum ins Gras mit Blick auf die unter uns liegende Flussaue. Die Hitze des Tages ist einer kühlen Abendbrise gewichen. Direkt unter uns befindet sich eine Stromschnelle, an der Möwen nach Fisch tauchen. Das satte Grün des Waldes und das tiefe Blau des Flusses wirken beruhigend auf die strapazierten Nerven.

Drava/Drau Slowenien

Ein Abendspaziergang zu dem etwas oberhalb gelegenen Wehr regt den Appetit an. Appetit ist wichtig, denn als wir uns in dem kleinen Wirtsgarten zum Abendessen einfinden, wird aufgetragen: Grillplatte mit Cevapcici (die werden uns die ganze lange Reise begleiten), dazu gegrillte Zucchini, Bratkartoffeln und Salat. Und als Nachtisch frische Erdbeeren, wie der Salat aus eigenem Anbau. Die haben rein gar keine Gemeinsamkeiten mit den wässrigen und geschmacksneutralen Erdbeeren, wie man sie aus den Supermarktangeboten kennt, so himmlisch süß und aromatisch sie schmecken.

Markovci pri Ptuju Stausee Slowenien

Nun kommt der Wirtsvater und zeigt uns stolz seinen Garten. Er ist auch Besitzer eines kleinen gescheckten Hundes, der in einem Zwinger sein recht jämmerliches Dasein fristet. Der Wirtsvater ist auch Imker. Seine Bienenkästen sind umschwirrt von fleißigen Bienchen. Erst vor einer Woche habe er Honig geschleudert. Gerade hätten die Linden zu blühen begonnen. Auf unsere Frage, ob er den Honig auch verkaufe, bietet er uns ein großes Glas feinsten Blütenhonig für acht Euro an. Wer kann da schon widerstehen?

In den Wirtsgarten zurückgekehrt, sitzen wir vor unserem Bierchen, als ein Feuerwehrwagen anrückt und deren Besatzung, zehn junge Burschen, in den Wirtsgarten einfällt. Stolz stellen sie einen goldenen Pokal in die Mitte ihres Tisches. Den haben sie soeben gewonnen in der Disziplin „Schlauchlegen“. Der Siegerpokal wird mit Wein gefüllte und wandert von Mund zu Mund. Jeder darf mal, wir auch!

Die Wirtstochter fragt, wann wir denn gerne Frühstück hätten. Ist neun Uhr recht? Und ob! Besser hätte die Reise nicht starten können. Bezahlen können wir alles in Euro.

Nachts hat mich das ungewohnte, laute Rauschen des Flusses immer wieder geweckt. Der Morgen verspricht einen schönen Tag. An unserer Stromschnelle haben drei Schwäne Aufstellung zum Fischen genommen. Zwischendurch nehmen sie ein Sonnenbad. Ein phantastisch schönes Morgenfrühlingsbild.

Drava/Drau Slowenien Schwäne

Mit den Hunden spazieren wir hinunter zum Fluss, an dessen Ufer ein Wanderweg verläuft. Natur pur, mit Schmetterlingen und Libellen. Am anderen Flussufer sichten wir sogar einen Fuchs.

Drava/Drau Flußaue Slowenien

Das Frühstück ist genauso reichhaltig und lecker wie es das Abendessen war. Und die Erdbeeren sind auch wieder dabei.

P1020406

Als wir bezahlen, erzählt die Wirtstochter, sie sei vor kurzem erst in München gewesen, eine Freundin besuchen, die dort arbeitet. Dann meint sie nicht ohne Bitterkeit, dass deren Eltern in den achtziger Jahren zum Geldverdienen nach München gezogen seien, als Slowenien noch ein Teil Jugoslawiens war. „Nun sind ihre Eltern in Rente gegangen und leben wieder hier im Ort. Die Tochter hat jetzt die Münchner Wohnung übernommen, weil in Slowenien kein Geld zu verdienen ist. Alle, die können, gehen nach Deutschland oder Österreich zum Arbeiten, obwohl Slowenien doch nun zur EU gehört. Doch für die Menschen hat sich im Prinzip nichts geändert.“ Dabei ist Slowenien von allen Staaten, die aus dem alten Jugoslawien hervorgegangen sind, sicher noch der am besten gestellte.

Diese Verbitterung über die politischen und wirtschaftlichen Realitäten wird uns auf dieser Reise noch oft begegnen. Bei der Zerschlagung Jugoslawiens in sechs Nationalstaaten wurden Hoffnungen geweckt, die sich nicht erfüllt haben.

Zu jugoslawischen Zeiten arbeiteten bis zu 900.000 jugoslawische Gastarbeiter im westlichen Europa. In den 90er Jahren sanken in Jugoslawien die Realeinkommen ebenso wie die industrielle Produktion, während die Arbeitslosigkeit anstieg. In Jugoslawien selbst tobte ein Wirtschaftskrieg zwischen den einzelnen Regionen. 1991 wurde der jugoslawische Markt auf Druck des IWF brachial geöffnet und Jugoslawien mit Billigprodukten überschwemmt, was katastrophale Folgen für die jugoslawischen Betriebe hatte, deren Produkte aus den Regalen verschwanden. Gleichzeitig war Jugoslawien in der Schuldenfalle gefangen. Neue Weltbankkredite nur gegen Privatisierungen. Eine Hyperinflation von 1.000 Prozent machte alle Spareinlagen zunichte, die Menschen verarmten. 2001 wurde die Mitgliedschaft Jugoslawiens bei IWF und Weltbank eingefroren, während Slowenien und Kroatien nach ihrer Sezession von Jugoslawien aufgenommen wurden.

Da der einseitige Austritt aus Jugoslawien in der jugoslawischen Verfassung nicht vorgesehen war, hatte das Parlament in Ljubljana bereits 1989 eine Verfassungsänderung beschlossen, die eine Sezession möglich machte. Am 23. Dezember 1990 stimmten 88 Prozent der Slowenen in einer Volksabstimmung für die Lostrennung von Jugoslawien. Am 25. Juni 1991 erklärte Slowenien seine Unabhängigkeit, gegen den Wunsch der USA und der EU.

Jugoslawien erkannte diese Sezession nicht an. Der jugoslawischen Armee wurde die Sicherung der Grenzen befohlen, sie konnte sich allerdings gegen slowenische Paramilitärs nicht durchsetzen. Bei Auseinandersetzungen wurden mehr als 50 unbewaffnete jugoslawische Soldaten erschossen. Jugoslawien setzte daraufhin MiG-Bomber ein, bevor ein Waffenstillstand ausgehandelt werden konnte. Sieben Tage Krieg forderten 60 Tote, 150 Verletzte und 1.700 gefangene jugoslawische Soldaten. UN-Beobachter kamen nach Ljubljana und am 23. Dezember 1991 wurde Slowenien ebenso wie Kroatien von Deutschland und den anderen EU-Staaten anerkannt. Der Nationalismus hatte gesiegt.

Als wir aufbrechen wollen, kommen zwei Pferdegespanne mit ihren in Tracht gekleideten Kutschern. Die Pferdchen werden direkt neben unserem Wohnmobil geparkt und freuen sich über die Äpfel, die sie von uns bekommen. Die Fuhrleute sind sehr nett, nur am sprachlichen Austausch hapert es – mangels Fremdsprachenkenntnisse.

Markovcih Slowenien

Nun geht’s aber wirklich Richtung kroatischer Grenze. Dabei kommen wir an der ältesten Stadt Sloweniens vorbei. Ptuj, heute eine Museumsstadt, deren Wurzeln etwa auf das Jahr 2000 v.Chr. zurückgehen. Später ließen sich dort Römer nieder. Ab dem 12. Jahrhundert hatten in Ptuj Salzburger Erzbischöfe das Sagen. Durchflossen von der Drava und umgeben von Weinbergen verfügt Ptuj über eine wunderschöne, komplett denkmalgeschützte Altstadt aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Das wehrhafte Schloss von Ptuj wurde zur Festung gegen Magyaren und Osmanen ausgebaut.

Kroatien

Wir erreichen die slowenisch-kroatische Grenze bei Dubrava Krizovljanska. Es wirkt befremdend, wenn man als alte Jugoslawienreisende und als EU-Bürgerin gewohnt ist, dass Schlagbäume nicht mehr existieren. Der hier existiert sehr wohl und ist geschlossen. Wir werden streng kontrolliert. Einst geeinter jugoslawischer Staat, heute geschlossene Schlagbäume? Ein Europa ohne Grenzen – für Jugoslawien hat sich diese Vorstellung in ihr Gegenteil gekehrt.

Es ist nicht weit in das Städtchen Ivanec, wo wir gegen Mittag ankommen. Die Gründung des Städtchens ist auf den Orden des heiligen Johann von Jerusalem zurückzuführen, die Johanniter heißen auf serbo-kroatisch „ivanovci“. An einer Tankstelle wollen wir uns eine Flasche Mineralwasser kaufen und müssen mit der Kreditkarte zahlen, weil dort keine Euro angenommen werden. Mit kroatischem Geld, dem Kuna (HRK) haben wir uns noch nicht eingedeckt. Ein Kuna hat 100 Lipa. Etwa 7,4 Kuna entsprechen einem Euro.

Unsere Freundin empfängt uns in ihrem schönen Haus mit dem liebevoll gestalteten Garten, wo alles in voller Blüte steht, mit einem mehr als üppigen Mittagessen. Nach dem Essen machen wir einen Spaziergang zum nahegelegenen See. Ein Schwanenpaar ist mit seinen vier Sprösslingen unterwegs und die Frösche quaken. Unsere kroatische Freundin erzählt, dass zu jugoslawischen Zeiten der See für die Allgemeinheit zugänglich war. Es habe einen schönen, gepflegten Strand gegeben, ein kleines Lokal, im Sommer habe man dort gegrillt und Sommerfeste gefeiert. Nach der Zerschlagung Jugoslawiens sei der See an eine Privatperson verkauft worden, das Lokal geschlossen und der Strand verwildert. Baden verboten.

Ivanec Kkroatien

Es schwingt in Marizas Erzählungen Nostalgie über vergangene Jugoslawien-Zeiten mit. Nie habe Feindschaft zwischen den verschiedenen Volksgruppen geherrscht, die Zerwürfnisse seien politisch geschürt worden. Hier teilt sie die Meinung mit der Autorin Dubravka Ugrěsić, die schreibt: „Ich wuchs in einer multinationalen, multikulturellen und monoideologischen Gesellschaft auf, die eine Zukunft vor sich hatte.“ Und weiter: „Reale und mentale Granaten vernichteten Menschen, Häuser, Städte, Kinder, Brücken, Erinnerungen. Im Namen der Gegenwart wurde ein Krieg um die Vergangenheit geführt, im Namen der Zukunft ein Krieg gegen das Heute. Im Namen einer neuen Zukunft fraß der Krieg die Zukunft.“

In den 90er Jahren war in Kroatien Nationalismus angesagt. Es wurde die alte Schachbrettfahne der faschistischen 40er Jahre hervorgeholt und Franjo Tudjman zunächst zum neuen Führer der nationalistischen Bewegung und 1991 zum Präsidenten gewählt. Die zwölf Prozent serbische Minderheit, die in Slawonien und im Gebiet der Krajnia die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung stellte, und die den Status eines „Staatsvolks“ hatte, wurde dabei nicht gehört. Bald schon kam es zu Kämpfen zwischen kroatischer Nationalgarde und Serben um Polizeistationen. Zu diesem Zeitpunkt war die Unabhängigkeit Kroatiens noch nicht ausgerufen, so dass das Völkerrecht auf Seiten Jugoslawiens stand, das seine staatliche Integrität verteidigte. Im Mai 1991 stimmten bei einem Referendum 94 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit Kroatiens. Die serbische Minderheit hatte das Referendum boykottiert und erklärte die von ihr bewohnten Gebiete ihrerseits zur autonomen Provinz. Der damaligen UN-Generalsekretärs Pérez de Cuéllar appellierte an Deutschland, Kroatien nicht anzuerkennen, da ansonsten „ein dramatischer Kampf um jugoslawische Territorien ausbrechen“ würde. Sein Appell fand kein Gehör.

Fünf Wochen nach der Ausrufung der kroatischen Unabhängigkeit brach der Krieg mit voller Wucht los. Die jugoslawische Armee rückte in Kroatien ein, zerstörte die Küstenstadt Dubrovnik, vertrieb die Kroaten aus serbisch besiedelten Gegenden. Tausende Kroaten kamen ums Leben. Aber auch 60.000 Serben waren auf der Flucht, ihre Häuser wurden gesprengt, ebenso ihre orthodoxen Kirchen, woraufhin die Serben gleiches mit gleichem vergalten. Besonders schwer umkämpft war das Gebiet um den berühmten Naturpark Plitvicer-Seen. Beide Seiten schenkten sich an Gräueltaten nichts: Serben metzelten Kroaten, Kroaten metzelten Serben. Ein mörderischer Krieg.

Hannes Hofbauer schreibt in seinem Buch Balkankrieg: „Die blutige Bilanz der kroatischen Nationalwerdung bis Ende 1992: 6.500 Tote, ebenso viele Vermisste, 20.000 Verwundete; eine bis zu 50 Prozent ruinierte Industrie, 600.00 Flüchtlinge, Kroaten wie Serben.“

Im August 1995 starteten die Kroaten eine Großoffensive zur Eroberung der Krajina. Die dort stationierten UNO-Soldaten schritten nicht ein, als 230.000 Serben vertrieben und ihre Häuser in Brand gesteckt wurden. Kroatische Bomben fielen auf die Flüchtlingstrecks, Kroatien wurde zu „serbenfrei“ erklärt. Die Einseitigkeit in der Berichterstattung in den deutschsprachigen Medien zugunsten der Kroaten war nicht zu übertreffen.

Heute stellen Serben nur noch 4,5 Prozent der Bewohner Kroatiens.

2012 stimmten bei einem Referendum zwar zwei Drittel der Wähler für einen EU-Beitritt, allerdings betrug die Wahlbeteiligung nur 43,6 Prozent, d.h. es haben nur 28 Prozent der Bevölkerung tatsächlich für einen Beitritt gestimmt. Nichtsdestotrotz wird Kroatien 2013 das 28. Mitgliedsland der EU.

Aller Politik zum Trotz, genießen wir das schöne Wetter und tolle Frühstück, das uns unsere Freundin bereitet hat. Wir wollen Kroatien auf dem schnellsten Weg durchqueren, dann Bosnien-Herzegowina bereisen, von dort aus über Mostar durch die Berge wieder nach Kroatien einreisen und entlang der Küste nach Norden fahren.

Ivanec Kroatien

Doch unser Navi macht uns da einen Strich durch die Rechnung. Es führt uns nicht auf dem schnellsten, sondern auf dem kürzesten Weg zur bosnischen Grenze. Es geht auf engen Sträßchen mitten durch eine unglaublich schöne, wild-romantische Berglandschaft. Wir fahren über Produte am idyllisch gelegenen Schloss Pusta Bella vorbei, bevor wir wieder auf die AB geleitet werden.

Zunächst fahren wir Richtung Gradiška, wo sich nun eine Grenze zwischen den beiden Ex-Jugoslawien-Ländern Kroatien und Bosnien befindet. Grenze? Eiserner Vorhang! Die Grenzer auf bosnischer Seite nehmen die Einreisekontrollen sehr genau, kontrollieren nicht nur unsere Papiere und die unserer Hunde, sondern lassen sich auch die Autopapiere zeigen. Am Schlagbaum in die Gegenrichtung, also zur Einreise nach Kroatien, bilden sich lange Schlangen, auch von Fußgängern, die diese ehemals innerjugoslawische Grenze überqueren wollen. Das soll Europa sein? Drei Grenzen, drei Grenzkontrollen, drei Währungen innerhalb weniger Kilometer? Das ist ja ein super Fortschritt. Jetzt wird mir der Begriff „Balkanisierung“ klar.

Bosnien – Land der Rosen, Land des Honigs – und des Krieges

Bei der Einreise nach Bosnien-Herzegowina machen wir im recht lebhaften Grenzort Gradiška Halt. In der Wechselstube versorgen wir uns mit dem einheimischen Geld, das hier Konvertible Mark (KM) heißt. Zunächst finden wir das lustig, dass die bosnische Konvertible Mark tatsächlich auf unserer guten, alten D-Mark gründet. Der Wechselkurs zum Euro beträgt folgerichtig 2:1, also für einen Euro bekommt man zwei KM. Erst als ich später mehr darüber lese, wird mir klar, dass Bosnien tatsächlich unter deutscher Finanzverwaltung steht! Der Bankensektor wurde bei Kriegsende umgehend privatisiert und heute befinden sich 90 Prozent des Eigenkapitals in ausländischen Händen. Dies in einem Land, in dessen Betrieben zu jugoslawischen Zeiten die Arbeiterselbstverwaltung galt und die Belegschaft die Direktoren wählen durfte.

Wir stärken uns mit einem ausgezeichneten Espresso in einer kleinen Bar und lassen erst einmal die neue Umgebung auf uns wirken. Es mutet hier moslemisch an, eine Moschee gleich am Hauptplatz. Endlich sind wir richtig auf dem Balkan angekommen. Wir versorgen uns an einem Stand mit frischem Obst, bevor wir der Ausschilderung in Richtung Banja Luka folgen.

Bosnien, dessen Einwohnerzahl vor dem Krieg noch über 4,4 Millionen betrug, hat heute nur noch   3,8 Millionen Menschen. Es setzt sich aus zwei Landesteilen zusammen, der Föderation Bosnien-Herzegowina und der hauptsächlich von Serben bewohtnen Republik Srpska. Das Staatsoberhaupt muss man sich als Trinität vorstellen, sie besteht aus einem Bosniaken (d.h. einem moslemischen Bosnier), einem Serben und einem Kroaten, die im Vorsitz abwechseln und aufgrund der gegenseitigen und unüberwindbaren Vorbehalte, ausgelöst durch den brutalen Sezessionskrieg, praktisch nie zu einer Einigung kommen. Es leben etwa 48 Prozent Bosniaken, 37 Prozent Serben und 14 Prozent Kroaten in Bosnien-Herzegowina, davon sind ca. 44 Prozent muslimisch, 32 Prozent serbisch-orthodox und 17 Prozent römisch-katholisch.

Wir fahren durch die Berge. Gerne möchten wir halten und den Hunden ein Gassi gönnen, doch das bietet sich nirgends an. Und schon haben wir die Vororte von Banja Luka erreicht. Heiß ist es geworden, die Hunde müssen dringend mal raus und so beschließen wir, Banja Luka, die Hauptstadt des serbischen Bosniens, d.h. der Republik Srpska, einfach links liegen zu lassen. Das Banja Luka,  das Le MondeDiplomatique in seiner Ausgabe vom Juni 2918 betitelt: „Kein Bleiben in Banja Luka. Der große Exodus aus dem westlichen Balkan geht weiter.“ Und im Text heiß es: „Die Leute gehen weg, weil sie jede Hoffnung verloren haben. Sie glauben nicht mehr, dass sich irgendetwas ändert.“ Der Artikel beschreibt, wie vor allem gut ausgebildete, junge Leute die heutigen Staaten Ex-Jugoslawiens in Scharen verlassen, weil es für sie entweder gar keine oder nur schlecht bezahlte Jobs gibt. Die beliebtesten Ziele sind Deutschland und Österreich. Über Bosnien heißt es, dass das Land „im Zuge eines endlosen Transformationsprozesses zugrunde gerichtet wurde, der die Plünderung der öffentlichen Ressourcen unter dem Deckmantel der Privatisierung ermöglichte.“

Auch wenn die Politik in Bosnien ein Trauerspiel ist, die Landschaft ist wunderschön. Wir folgen der Landstraße, die entlang eines Flusstals verläuft. Wieder keine Möglichkeit, irgendwo mit den Hunden spazieren zu gehen: Links von uns fällt das Flussufer steil ab, rechts von uns ragen die Berge steil in den Himmel.

Es ist schon 14 Uhr und entnervt halten wir an einer Ausbuchtung am Straßenrand, verführt von einem Café mit Tischen und Stühlen im Freien. An einem Tisch sitzen ein paar Männer. Sie und auch die Bedienung mustern recht misstrauisch unsere Hunde. Im Hundeparadies sind wir hier wohl nicht gelandet.

Ein Spaziergang scheint schwierig und so fahren wir weiter bis ein Sträßchen rechts in Berge in Richtung Grebengrad abbiegt. Steil geht es hinauf in die bewaldeten Berge, nirgends ist ein Halt möglich. Inzwischen ist es schon 16 Uhr und wir sind total entnervt. Das Sträßchen wird immer enger, geteert ist es schon lange nicht mehr. Und immer steiler wird es auch. Was tun? Endlich kommt ein Stück Wiese, auf der das Gras kniehoch wächst, mit einer kleinen Ausweichmöglichkeit für das Auto.

Wir lassen den Camper stehen und gehen mit den Hunden zu Fuß weiter. Als wir uns gerade damit abgefunden haben, dass diese Ausweiche wohl unser Notquartier für die Nacht werden wird, sehen wir rechts oben auf einer Bergwiese eine Hütte stehen. Und wir können dort auch Leute ausmachen. Von unserer Straße führt ein mit Campo bezeichneter Weg hinauf durch den Wald. Als wir bei der Hütte und zwei älteren Männern ankommen, staunen diese nicht schlecht, als wir Spaziergänger mit zwei Hunden, aber ohne fahrbaren Untersatz, plötzlich vor ihnen auf der Wiese stehen.

Wir können uns überhaupt nicht verständigen! Mit keinem einzigen Wort! Also versuchen wir uns mit Gestik und Mimik zu verständigen: Unser Auto steht weiter unten und wir suchen einen Platz zum Schlafen.

Die beiden bedeuten uns zu warten. Dann geht der eine los, noch weiter den Berg hinauf. Nach etwa zehn Minuten kommt er mit einem dritten Mann wieder. Der Mann sieht genauso aus, wie man sich einen bosnischen Bergbauern vorstellt: hoch gewachsen mit muskulösem, nacktem Oberkörper, dichtem Bart und freundlichem Gesicht. Auch hier läuft über Sprache gar nichts. Aber so viel verstehen wir durch Gesten: Wir sollen das Auto holen und mit ihm noch ein Stück hochfahren.

Hinter den Bäumen kommen weiter oben einige Häuser in Sicht. Das unterste ist ein kleines, schmuckes Bauernhaus mit einem wunderbaren Blumengarten, das unserem Patrone gehört. Der weist uns auf einer Wiese einen Standplatz zu. Der Blick auf das Bergpanorama ist unglaublich! Perfekt!

Bosnien Berge

Nachdem uns der Patrone noch gezeigt hat, wie wir uns aus seinem Brunnen mit frischem Quellwasser bedienen können, koche ich Spaghetti mit Tomatensauce. Ein Trostessen nach dem stressigen Tag. Und der krönende Abschluss: Unser Patrone, der sich inzwischen als Boktan vorgestellt hat, bringt von seiner Frau selbstgebackenen Kuchen vorbei. Wirklich sehr lecker! Dazu ein Gläschen Rotwein und ein Zigarrchen mit Blick auf die Berge. Der Weg hat sich gelohnt.

Bosnien Berge

Jetzt gibt’s einen Minisprachkurs in Serbokroatisch: dobar dan (guten Tag), molim (bitte), hvala (danke), da (ja), ne (nein). Sprachlich so gerüstet kann die Reise weitergehen.

Da haben wir aber gut geschlafen auf unserer Wiese im Hochgebirge! Boktan fragt, ob wir zu ihm hochkommen möchten und bewirtet uns morgens um neun mit einem Stamperl selbstgebrannten, samtig durch die Kehle fließenden Klaren. Die Sonne strahlt und wir sitzen auf einer Holzbank mit Tisch in seinem wunderbaren Garten. Ein Werk seiner Frau, wie er uns stolz zu verstehen gibt. Seine Frau ist morgens schon mit dem Bus losgefahren, weil sie in der Stadt etwas besorgen muss.

Bosnien Berge

Wir müssen uns erst einmal mittels unseres Reiseführers verorten. Die Berge gehören zum Dinarischen Gebirge, das sich von Slowenien bis Albanien erstreckt und mehrere 2000er Gipfel aufweist.

Und dann gibt’s eine große Überraschung. Boktan ruft seine Tochter an, die in Sachsen lebt und mit einem Deutschen verheiratet ist. Und natürlich perfekt deutsch spricht. Ihre erste Frage: Wie wir denn auf diesen Berg und zu ihrem Vater gefunden hätten? Es klingt für sie ganz unglaublich, dass es reiner Zufall war. Wir haben ein sehr nettes Gespräch! Auf meine Frage meint sie, wir bräuchten für die Übernachtung natürlich nichts zu zahlen, was wir auf keinen Fall gelten lassen. Und fragen gleich, ob wir nicht noch eine Nacht bleiben dürfen, weil es hier so wunderschön sei. Kein Thema! Natürlich gerne. Und man glaubt es kaum: Es gibt WLAN, das bestens funktioniert.

Bogdan macht mit uns einen Rundgang durch sein Refugium. Es gibt einen Hühnerstall und einen Verschlag für Hasen. Ziegen, Schafe und einen imposanten Schafsbock leben hier. Unsere Hunde sind schwer beeindruckt. Auch hier gibt es ein junges Hündchen, das leider an einer viel zu kurzen Leine angebunden ist.

Bosnien Berge Ferkel

Und jetzt wird es richtig spannend. Bogdan führt uns auf einem steilen Waldweg zur gigantischen Tijesno-Schlucht. Wir kommen zu einer Aussichtsplattform in Form einer Felsnase, die aus einer hohen Felswand heraus ragt. Etwa 400 Meter tief unter uns schlängelt sich der Fluss durch das Gebirge. Gegenüber ragen noch höhere Felswände in den blauen Himmel. Überwältigend! Nur leider: Ich leide unter Höhenangst und mir schlottern die Knie.

Bosnien Vimeo

Doch es geht noch schwindelerregender. Bogdans Tochter schickt uns später eine Mail mit einem Video über ein Hängematten Caravaning „Ticket To The Moon - The Hammock Caravan“, bei der ganz Wagemutige ihre Hängematten über der Schlucht aufspannen.
https://vimeo.com/183614185
Nur anschauen, wenn schwindelfrei! Im Sommer wird der Fluss mit Kajaks befahren und viele Bergsteiger sind im Klettergarten Tijesno Canon (Banja Luka) unterwegs.
https://www.bergwelten.com/t/k/7449

Von unserer Tour erholen wir uns mit einem Blätterteigstrudel, gefüllt mit Tomatensauce und Pilzen, gekocht von Bogdans Frau. Aber schon so lecker!

An unsere Wiese grenzt ein Waldstück. Darin befindet sich ein großer Krater. Ist das noch ein Überbleibsel aus dem Bürgerkrieg? In diesen Wäldern wurde gebombt. Außerdem sollen von den in Bosnien gelegten drei Millionen Minen immer noch 200.000 verbuddelt sein. Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis alle Minenfelder entschärft sind. Neben Giftschlangen wohl das Gefährlichste, was einem hier in der Natur widerfahren kann. Unser Reiseführer rät, die Wege nicht zu verlassen.

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns ganz herzlich von Bogdan und seiner Frau, die uns auch noch ein Abschiedsgeschenk überreicht: selbstgestrickte Hüttenschuhe aus warmer Schafwolle. Herzlichen Dank! Der nächste Winter kommt bestimmt.

Bosnien Hüttenschuhe

Vom Navy lassen wir uns auf kleinen Straßen durch die Berge hinunter zur Tijesno-Schlucht führen, an deren Ufern wir in Richtung Knezevo fahren. An einer exponierten Stelle des Canons befindet sich ein Restaurant mit Aussichtsplattform. Der gigantische Wildwasserfluss ist ein attraktives Fotomotiv.

Bosnien Tijesno-Schlucht

Langsam wird es Zeit, wieder nach einem Stellplatz für die Nacht Ausschau zu halten. Bei Kraljevice fahren wir von der Straße rechts ab und erleben ein déjà-vu. Wieder schraubt sich ein immer enger und steiler werdendes Sträßchen hinauf in die Bergwelt. Auf einer Hochebene wird neben der Straße von einer jungen Frau Schafskäse und Waldhonig zum Verkauf angeboten. Diese Gelegenheit zum Einkauf lassen wir uns nicht entgehen.

Bosnien Bergwelt bei Kraljevice

Ohne geländegängiges Fahrzeug wäre diese Fahrt schier unmöglich. Die Berge sind dicht bewaldet und die Bäume reichen an beiden Seiten bis an die Fahrbahn. Endlich kommt uns ein Traktor entgegen. Als wir dem jungen Fahrer zu verstehen geben, dass wir einen Platz für die Nacht suchen, überlegt er lange, bis er uns zu verstehen gibt, dass rechter Hand bald ein Plateau käme.

Und tatsächlich: Rechts neben der Straße steigt sanft eine Schäferwiese an, auf der die dazugehörigen Tiere ebenso wenig fehlen wie ein alter Schäfer, der gleich zu uns kommt, auf einen Ratsch mit Händen und Füßen. Bald gesellt sich ein zweiter Schäfer dazu, der ein bisschen englisch spricht. Angebotene Getränke werden abgelehnt, denn es sei Ramadan. Aha, jetzt sind wir also unter Moslems.

Bosnien Bergwelt bei Krajevice

Mitte des 16. Jahrhunderts hatten die Osmanen Bosnien fast vollständig besetzt, um es 1580 zur osmanischen Provinz zu erklären. Aus dieser Zeit stammen viele Moscheen, Bäder, Uhrtürme und Brücken. Viele Bosnier traten zum muslimischen Glauben über, um Repressalien zu entgehen und ihre Karrierechancen im Osmanischen Reich zu erhöhen.

Unsere beiden Hirten ziehen mit ihren Herden weiter, der Jüngere kommt nach einiger Zeit wieder und überreicht uns ein tolles Geschenk: ein Korb voller Steinpilze! Heute Abend steht also Steinpilzrisotto auf dem Speiseplan! Doch vorher lässt sich der nette Mann noch eine Schüssel von mir geben und melkt eine seiner Ziegen. Stolz überreicht er uns die Schüssel. Die warme Milch schmeckt gut. Wir bedanken uns und zum Abschied schreibt uns unser neuer Freund noch seine Telefonnummer auf, falls wir irgendetwas bräuchten. Nicht weit liegt sein Dorf, aus dem der Ruf des Muezzins zum Abendgebet ertönt. Der Hirte hat heute sein gutes Werk getan.

Bosnien Bergwelt bei Kraljewice

Alle Tiere weg, alle Menschen weg. Unsere Hunde sind erschöpft und wir auch. Doch kaum wollen wir uns ein Zigarrchen und ein Glas Wein gönnen, kommt ein Auto angefahren. Der Fahrer stellt sich als der zuständige Ranger vor. Wir erklären, dass wir hier gerne übernachten möchten. Ob das ok sei? Ja, das ist es. Nun kehrt auf unserer Wiese Ruhe ein. Nur der Gesang des Muezzins ist zu hören, der zum Fastenbrechen ruft.

Und jeden Morgen grüßt, nein nicht das Murmeltier, sondern der Kuckuck. Auf unserer Wiese lauschen wir beim Frühstück den vielen Vogelstimmen. Die Wiese ist umgeben von Tannen und Kiefern, dahinter erheben sich majestätisch die Berge, Tausender. Über uns blauer Himmel und Sonnenschein.

Bosnien Bergwelt Camper

Langsam fahren wir die steile Straße zurück auf die Hauptstraße. Hier finden sich als Hinterlassenschaften des Bürgerkriegs Einschusslöcher in Hauswänden. Auf der Hauptstraße folgen wir der Ausschilderung in Richtung Sarajevo, der Hauptstadt Bosniens. Doch vorher wollen wir noch einen Stopp in Visoko einlegen, der Stadt, die berühmt ist für ihre umstrittenen bosnischen Pyramiden. Top oder Flop? Das wollen wir vor Ort erkunden.

Bosnien Bergwelt

An den größeren Ortseinfahrten hängen Spruchbänder „Ramazan sharif mubarah“. In den Orten finden sich Moscheen und die moslemischen Friedhöfe ziehen sich an den Hängen entlang der Straße. Christlich dagegen hält in dem Städtchen Travnik eine völlig überdimensionierte, moderne Kirche, von der ein noch überdimensioniertes, fettes Balkenkreuz in den Himmel ragt. Die Moschee im Ort mit ihren zwei Minaretten ist auch nicht viel bescheidener. Hier wird ein architektonischer Kampf der Religionen ausgetragen, der nicht unbedingt der Ästhetik zugutekommt. Ein bisschen hässlicher geht immer.

Die Durchgangssstraße von Travnik ist sehr belebt. Viele Geschäfte, Restaurants, Hotels und da vorne Polizisten – und oh nein! – sie winken uns raus. Die Beamten verlangen etwas schroff meinen Führerschein. Dann „Angelika, your papers for the car!“ Das klang schon ein bisschen weniger streng. Wir reichen auch die Autopapiere aus dem Seitenfenster. Himmel, jetzt fangen unsere zwei Hunde wie wild zu bellen an. Und gleich wird’s wieder strenger: „How many dogs have you?“ - „Only two!“ - „You have papers for the dogs?“ - „Yes, of course!“ Unsere blauen EU-Hundepässe mit hübschen Passfotos von Ali und Wolfi machen Eindruck. Die beiden Polizisten können sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Einer gibt mir die Papiere zurück und grinst mich breit an: „Everything ok! Have a good drive!“ Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Auf und davon geht’s.

Im nächsten Supermarkt füllen wir unsere Vorräte an Hundefutterdosen, Plätzchen, Brot, Gemüse und Obst auf. Zwei Flaschen Wein aus lokalem Anbau kommen auch mit. Muss ja mal probiert werden. Und der Hit: eine wunderschöne, rote Kaffeekanne mit buntem Blumenmuster! Echt Balkan-style! Damit geht jeden Morgen die Sonne auf.

Hier gibt es auch Schrottplätze, in denen Autos stehen, die in der Mitte auseinander geschnitten sind. Die Autos werden als Schrott zollfrei eingeführt, um dann hier wieder zusammengeschweißt zu werden. Not macht erfinderisch.

Visoko und die bosnischen Pyramiden

Bereits mittags erreichen wir Visoko. Das Navy führt uns ins Zentrum des osmanisch geprägten, quirligen Städtchens mit einer Moschee aus dem 15. Jahrhundert. Auch in dieser Stadt fallen die Einschusslöcher in den Hauswänden ins Auge. Ein Alptraum, den Camper durch die engen Gässchen mit dem vielen Verkehr zu lenken. Endlich sehen wir die Ausschilderung zur Sonnenpyramide. Am Ortsende halten wir auf einem kleinen Parkplatz linker Hand, wo wir auf ein junges Pärchen aus Italien treffen, das ebenfalls im Camper unterwegs ist. Der junge Mann gibt uns den Tipp, unten am Fluss die Nacht zu verbringen.

Bosnien Visoko

Gleich neben dem Parkplatz führt links eine kleine Straße hinunter zum Fluss Bosna. Tatsächlich ist es dort sehr schön. Hohes Gras und mächtige, schattenspendende Bäume. Unser Camper ist der einzige und wir genießen in Ruhe den Blick auf die Sonnenpyramide. Sie wirkt sehr hoch und sehr bewaldet und sieht eigentlich wie ein ganz normaler Berg aus. In dieser Bergformation eine Pyramide zu erkennen – na ja, mit etwas Fantasie geht alles. Besichtigung folgt morgen.

Wir genießen den Abend am Fluss. Über dem Tal kreisen große Raubvögel, Schmetterlinge flattern, ein Storchenpaar fliegt über uns hinweg und am Fluss tümpeln Enten. Idyllischer geht es kaum. Später gesellt sich noch das italienische Paar mit ihrem Camper zu uns. Sie erklären, tagsüber seien sie auf Radtour. Visoko ist auch Ausgangspunkt für Rad- und Wandertouren.

Visoko Bosnien

Mein Internet funktioniert nicht mehr. Bin immer ganz gut mit meinem Stick und einen Vertrag ins Internet gekommen. Jetzt geht nichts mehr! Ich rufe eine Telefonnummer in Deutschland bei meinem Provider an. Mir wird gesagt, ich hätte mein Limit überschritten und deshalb wäre die Verbindung gekappt worden. Mein Vertrag ermögliche nur günstiges Serven in EU-Ländern, Bosnien-Herzegowina sei kein EU-Land und der Zugang ins Internet deshalb sehr teuer. Ah, Mist! Ich vereinbare mit der freundlichen Dame, dass das Limit aufgehoben wird. Ich werde mich bei diesen hohen Kosten natürlich auf das Nötigste beschränken.

Als wir am nächsten Morgen beim Frühstück sitzen, kommen vier SUVs mit Schweizer Nummer angefahren, aus denen sich eine Gruppe Touristen ergießt. Die Menschen aller Altersklassen stellen sich auf der Wiese im Kreis auf und, nun das wissen wir auch nicht, was sie genau tun, jedenfalls blicken sie alle zur Sonnenpyramide. Es scheinen Esoterik-Touristen zu sein.

Bosnien Visoko

Jetzt wollen wir aber hinauf zur Pyramide und so machen wir uns an die Auffahrt. Vom Parkplatz bei einem kleinen Restaurant geht es noch ein gutes Stück steil zu Fuß bergauf, bis man das Kassenhäuschen am Fuße der „Pyramide“ erreicht. Nach Lösung des Eintrittspreises (5 €) geht es zusammen mit einem jungen, englisch- und deutschsprechenden Führer noch weiter hoch.

Visoko Bosnien Sonnenpyramide

Hier sieht alles genauso aus, wie wir es bereits von den Fotos aus dem Buch von Sam Osmanagich „Die Pyramiden von Bosnien“ kennen. Das Buch ist aus dem Jahre 2014 und überraschender Weise hat sich hier seitdem nichts verändert. Osmanagich reiht in seinem Buch sehr geschickt die von ihm betriebene Ausgrabung in Visoko in eine Reihe von weltweit ausgegrabenen und definitiv als Pyramiden einzuordnende menschliche Bauwerke. Tatsächlich ist es aber höchst umstritten, ob es sich bei dem von ihm ausgemachten Pyramiden tatsächlich um von Menschen geschaffene Werke oder nur um natürliche Bergformationen in Pyramidenform handelt. Osmanagich vermittelt in seinem Buch den Eindruck, dass er unwiderlegbare Beweise gesammelt habe, dass es sich bei dem 220 Meter hohen Berg Visocica um eine Pyramide handelt, die 25.000 Jahre alt ist. Grundsätzlich stehe ich solchen spekulativen Theorien, die über die Schulwissenschaften hinausgehen, aufgeschlossen gegenüber. Nur weil sich etwas nicht beweisen lässt, muss es ja nicht falsch sein. Doch steigt wirklich ein Energiestrahl aus der Spitze dieser Pyramide auf? Und nimmt Osmanagich den Mund nicht ein bisschen voll, wenn er meint, aufgrund der Bosnischen Pyramiden müsse die Geschichte der Menschheit neu geschrieben werden? Ist es wirklich so, dass hier nicht nur die erste europäische, sondern auch noch die älteste Pyramide der Welt steht, die dazu noch zu den größten zählt? Wir sind neugierig!

Bosnien Visoko Sonnenpyramide

Wir begucken uns die in einem Hang freigelegten Steinplatten, von denen angeblich bewiesen ist, dass sie aus einem künstlichen Material hergestellt sind, das in der Natur nicht existiert, ein qualitativ hochwertiger Beton. Ich kann die angeblich wissenschaftlichen Befunde nicht einordnen, dafür verstehe ich viel zu wenig von der Materie. Komisch finden wir, dass es mit den Ausgrabungen nicht weitergeht. Fest steht nur, dass es sehr heiß ist und steil und anstrengend und das Ganze enttäuschend. Deshalb müssen wir uns nach der Besichtigung erst mal in dem kleinen Restaurant mit den obligatorischen Cevapcici stärken. Davon haben auch die Hunde was.

Bosnien Visoko Sonnenpyramide

So gestärkt geht es zum Ravne-Tunnel, der sich außerhalb des Ortes befindet und zu einem weit verzweigten Tunnelnetz gehört. Hellmut bleibt mit den Hunden draußen, denn es ist so heiß geworden, dass man die Hunde nicht im Auto lassen kann.

Die nächste Enttäuschung. Von den im Buch so eindrucksvoll abgebildeten Artefakten bekommen wir nichts zu sehen. Das kleine Museum, das sich hier am Eingang des Ravne-Tunnel befindet, ist geschlossen.

Trotzdem löse ich ein Ticket für die Tunnelführung, bekomme einen Helm verpasst und mache mich in einer kleinen Gruppe auf in die kühle Unterwelt. Das Tunnelsystem mutet an wie ein Bergwerk. In dem Buch von Osmanagich heißt es, es sei ein Stück Holz gefunden worden, dass auf ein Alter von 34.000 Jahren geschätzt wird. Laut Osmanagich sollen die Tunnels von neolithischen Kulturkreisen vor 3.000 bis 4.600 benutzt worden sein. Eisenerz wäre hier abgebaut worden. Im Tunnel finden sich Stalagmiten und auch ein kleiner unterirdischer See.

Bosnien Visoko Ravne-Tunnel

Einer der Tunnel soll zur Pyramide führen. Er ist mit Holzbalken abgestützt und öffnet sich immer wieder zu kleinen Kammern. Im Halbkreis sind um Megalithen Sitzbänke zum Meditieren angebracht. Den ovalen Megalithen wird heilende Wirkung zugesprochen. Sie verfügen über einen Deckel, der aber noch nie geöffnet wurde, und sollen von Menschen, die einer 30.000 alten Kultur angehörten, hierher gebracht worden sein. Wir werden aufgefordert, die Hände etwa fünf Zentimeter über den Stein zu halten, in dieser Haltung sollen sie sich von alleine schwebend in der Luft halten. Sehr esoterisch. Kein Wunder, dass der schillernde Osmanagich von der universitären Wissenschaft belächelt wird.

Bosnien Visoko Ravne-Tunnel

Der Tunnel ist auf jeden Fall interessanter und ergiebiger als die Sonnenpyramide, auch wenn hier alles nur ein riesiger PR-Gag sein sollte.

Zurück in der Oberwelt finde ich vor unserem Auto einen Daumennagel großen, wunderbar geschliffenen, weißen 'Diamanten'. Ein Zeichen? Nein, Zufall natürlich. Von meinen Erzählungen beeindruckt, will sich Hellmut den Tunnel doch noch anschauen. Vielleicht ist ja etwas dran an den Kräften, die dort „verjüngend und heilend“ wirken. Einen Versuch findet Hellmut das jetzt auch wert. Bei mir hat's nicht ganz so gut geklappt. In dem kühlen Tunnel habe ich mich erkältet und es kratzt im Hals.

Nach einer Stunde kommt Hellmut genervt zurück. Mit seinen fast zwei Metern Größe musste er die meiste Zeit gebückt gehen, hat sich ein paar Mal fest den Kopf gestoßen und fand das alles albern. Esoterik ist seine Sache nicht.

Also dann zurück an den Fluss. Noch einen Abend am Fluss und am nächsten Morgen verlassen wir Visoko in Richtung Sarajevo. Vorher versorgen wir uns am Stadtausgang in einem Supermarkt mit allem Nötigen, auch mit Bargeld. Und wir entdecken, dass es hier sogar einen richtigen Campingplatz gibt, das Autocamp Visoko.
www.hostelnihad.com.

Sarajevo

Es ist zwar nicht weit nach Sarajevo, etwa 25 Kilometer, doch wir irren dort ewig in den Vororten herum, weil wir den Campingplatz nicht finden! Wir fragen Einheimische und endlich hilft uns eine junge Frau weiter. Sie findet im Internet einen Campingplatz namens aza. Wir füttern das Navi mit der Adresse und tatsächlich, nahe eines Vergnügungsparks, findet sich ein neuer, hübsch angelegter Campingplatz (21 Euro/Nacht). Eine grüne Oase mit schattigen Plätzen, WLAN-Zugang, modernen Toiletten- und Duschanlagen.

Bosnien Sarajevo

Rund um Sarajevo erheben sich hohe, dicht bewaldete Berge, ohne jegliche Bebauung und ohne Straßen. Nachts leuchtet nirgends ein Lichtlein. Unberührte Natur, in nächster Nähe zur Hauptstadt.

Bei unserer Campingplatzsuche fiel immer wieder das Wort „Obi“ und wir fragten uns, was „Obi“ wohl auf Deutsch bedeuten möge. Jetzt wissen wir es: Obi, der große Heimwerkermarkt, befindet sich beim Campingplatz um die Ecke.

Das edle Restaurant des Campingplatzes probieren wir gleich aus. Der Kalbsbraten schmeckt Hellmut sehr, nur leider, mein Ceasar Salad bekommt mir nicht. Am nächsten Tag liege ich flach und besuche immer wieder die gepflegte Toilettenanlage. Ein Ruhetag ist angesagt. Wenigstens schaffe ich mittags einen Spaziergang zum Vergnügungspark, wo wir in einem Café unter schattigen Platanen ein Cola trinken und die Menschen beobachten, die mit Pferdekutschen unterwegs sind oder mit dem Karussell fahren.

Zufällig stoße ich auf einen Zeitungsartikel, der erklärt, wie auch Sprache zur politischen Abgrenzung missbraucht wird. Während im früheren Jugoslawien nur das Serbokroatische existierte, legt heute jeder der neuen Staaten Wert auf eine eigene Sprache. Es gibt nun Kroatisch, Serbisch, Bosnisch, alles Varianten des Serbokroatischen. Kleine Unterschiede werden aufgebauscht. Sprache wird hier zur Spaltung missbraucht, anstatt zur Verständigung genutzt. Übrigens sind die Beschilderungen hier meist sowohl in kyrillischer als auch in lateinischer Schrift.

Am nächsten Tag lassen wir die Hunde im Camper und fahren mit dem Taxi in die Innenstadt von Sarajevo. Der Taxifahrer ist Michael-Schumacher-Fan und dementsprechend ist sein Fahrstil. Er schwärmt von der Zeit, als 1984 in Sarajevo olympische Spiele stattfanden. Seine Träume von einer besseren Zukunft sind der Desillusionierung gewichen. Wir steigen im Zentrum am Fluss Miljacka aus. Die Fahrt kostet 5 KM.

Sarajevo hat seit Kriegsende fast die Hälfte seiner Einwohner verloren. Wo früher 500.000 Menschen wohnten, sind es heute nur noch 300.000. Vor dem Krieg lebten in der Stadt Moslems, Orthodoxe Christen, Katholiken und Juden in Eintracht, heute zeugen davon nur noch die Gebetshäuser der verschiedenen Konfessionen. Sarajevo wird jetzt fast ausschließlich von Moslems bewohnt.

Sarajevo – was für eine geschichtsträchtige Stadt. Nach Illyrern und Römern kamen im 7. Jahrhundert die Slawen. Im 15. Jahrhundert eroberten die Osmanen Bosnien, der osmanische Heerführer Isa Beg Isaković  gilt als eigentlicher Gründer der Stadt, in der Moscheen, Bäder, Karawansereien, Schulen, Armenküchen und Bibliotheken entstanden. Sarajevo mit seinem Basarviertel, das auch Handwerkerviertel war, wurde zu einem wichtigen Handelsplatz des Osmanischen Reiches.

1697 überfielen die Truppen von Prinz Eugen von Savoyen die Stadt und brannten sie nieder. Erst nach 200 Jahren konnte sich Sarajevo von dieser Brandschatzung erholen. Nach den Osmanen beherrschte zum großen Missfallen der einheimischen Bevölkerung nun Österreich-Ungarn die Stadt, in der langsam die Moderne mit Elektrifizierung und Industrialisierung Einzug hielt.

Am 28. Juni 1914 war Sarajevo Schauplatz des Attentats auf den österreichischen Kronprinzen Franz-Ferdinand und seiner Frau Sophie, deren Ermordung zum Auslöser für den Ersten Weltkrieg wurde. Mit dem Ende des Krieges 1918 kam es zur Gründung eines neuen Königreichs, bestehend aus Serbien, Kroatien und Slowenien, aus dem das Königreich Jugoslawien mit einem serbischen König hervorging. Nach Kriegsende spielte Sarajevo eine untergeordnete Rolle, da im neuen Königreich Jugoslawien Belgrad die Hauptstadtrolle einnahm. Die Spannungen zwischen Serben und Kroaten verschärften sich, bis 1939 Kroatien größere Souveränität eingeräumt wurde. Nur zehn Tage nach dieser Einigung begann der Zweite Weltkrieg.

1941 trat Jugoslawien dem Kriegsbündnis von Deutschland, Japan und Italien bei, was serbische Offiziere zu einem Putsch veranlasste. Ein neuer König wurde eingesetzt, der Russland die Neutralität Jugoslawiens versicherte. Belgrad untersagte den Deutschen den Durchmarsch in Richtung Griechenland, woraufhin 1941 die deutsche Wehrmacht Belgrad und Sarajevo bombardierte und Jugoslawien besetzte. Serben, Juden und Roma wurden in Konzentrationslager gebracht. der König musste fliehen. Die faschistische Ustascha rief den unabhängigen Staat Kroatien (USK) aus, der auch Bosnien-Herzegowina und Teile Serbiens umfasste. Innerhalb Jugoslawiens kämpften die Ustascha, die ein Großserbien wollten, und Partisanen unter Tito, der eine sozialistische Volksrepublik anstrebte, gegeneinander. Die Partisanen, die in den Bergen Bosnien-Herzegowinas einen Guerilla-Krieg führten und die Einheit und Gleichheit der Völker Jugoslawiens beschworen, bekamen immer mehr Zulauf. Am 6. April 1945 gelang es Tito, zunächst Sarajevo und dann ganz Bosnien-Herzegowina zu befreien.

Josip Broz, genannt Tito, hatte einen kroatischen Vater und eine slowenische Mutter. 1892 zur Welt gekommen, gehörte sein Geburtsort Kumrovec in Nordkroatien noch zur Donaumonarchie. Als Kommunist organisierte er den Widerstand gegen die deutsche und italienische Besatzung Jugoslawiens und gegen die kroatischen Faschisten namens Ustaša sowie die serbischen, königstreuen Tschetniks. Neben Albanien war Jugoslawien das einzige Land, das sich durch die eigene Widerstandbewegung von den Faschisten befreien konnte.
Tito wurde 1945 der Ministerpräsident der neugegründeten Volksrepublik Jugoslawien, die er in einen sozialistischen Staat umgestaltete. Dabei kam es auch zu Repressionen gegen politische Gegner, die sich zur Strafarbeit auf der Gefängnisinsel Goli Otok wiederfanden.
Schon 1948 brach Tito mit der Sowjetunion und steuerte einen unabhängigen politischen Kurs. Tito und seine Partei waren in Sachen Kolonialisierung besonders sensibilisiert wegen der langen Besatzung Jugoslawiens durch das Osmanische Reich und darauf folgend durch Österreich-Ungarn und unterstützten deshalb die Freiheitsbewegungen der Dritten Welt von Algerien bis Vietnam. Als erster europäischer Staatschef besuchte er 1956 nach dessen Unabhängigkeit Indien, lud Indiens Nehru und Ägyptens Nasser in seine Villa ein und gründete gemeinsam mit ihnen und dem indonesischen Präsidenten Suharto die Bewegung der Blockfreien Staaten. Die Spaltung der Welt in Ost und West sollte so überwunden und der wirtschaftliche Austausch gefördert werden. Die Blockfreien spielten eine wichtige Rolle beim Ende der Kolonisation, da sie für die selbständig werdenden Staaten Afrikas und Asiens eine echte Alternative darstellten.
Immer wieder besuchte Tito afrikanische Länder, unterhielt enge Verbindungen mit Angola und Mosambik. Aus freigegebenen Akten in Südafrika ist bekannt, dass Pretoria plante, kroatische Guerillakämpfer an der jugoslawischen Küste abzusetzen, um Tito im Sommer 1980 zu stürzen. Titos Tod kam dem zuvor. Er starb am 4. Mai 1980. Seine Beisetzung war einer der größten Aufmärsche der Staatsoberhäupter aus aller Welt. Noch heute wird Tito in allen ex-jugoslawischen Staaten verehrt.

Im sozialistischen Jugoslawien unter Tito entwickelte sich Sarajevo zur viertgrößten Stadt des Landes, bekam eine Universität, Industriebetriebe und 1984 sogar eine Winterolympiade. Doch dann kam mit dem Zerfall Jugoslawiens der Bosnien-Krieg mit all seinem Leid und seiner Zerstörungskraft.

Im sozialistischen Jugoslawien unter Tito entwickelte sich Sarajevo zur viertgrößten Stadt des Landes, bekam eine Universität, Industriebetriebe und 1984 sogar eine Winterolympiade. Doch dann kam mit dem Zerfall Jugoslawiens der Bosnien-Krieg mit all seinem Leid und seiner Zerstörungskraft.

Bei den Kämpfen um Bosnien hat auch die EU schwere Schuld auf sich geladen. Sie forderte ein Referendum über die Unabhängigkeit Bosniens, obwohl klar war, dass die Serben, die ein Drittel der Bevölkerung stellten, diese Unabhängigkeit strikt ablehnten. Anfang 1992 fand das Referendum statt, das von den Serben boykottiert wurde. Es stimmte zwar eine Mehrheit von 62 Prozent für „Ja“, dies war aber angesichts des Boykotts keine überwältigende Mehrheit. Nur einen Monat später wurde Bosnien von der EU und von den USA anerkannt.

Bereits am 1. März 1992 wurde im Basarviertel von Sarajevo bei einer Hochzeit in der orthodoxen Kirche der Bräutigam von einem Moslem erschossen und der Priester schwer verletzt. Am 6. April 1992, genau an jenem Tag, an dem die EU Bosnien-Herzegowina als eigenständigen Staat anerkannte, fielen in Sarajevo weitere Schüsse, abgegeben von Heckenschützen auf Demonstranten, die für die multikulturelle Einheit Bosniens auf die Straße gegangen waren. Während zunächst behauptet wurde, es seien „die Serben“ gewesen, konnten später Paramilitärs des Moslemführers Izetbegović als Schützen ausgemacht werden.

Izetbegović kann durchaus als Hardcore-Islamist bezeichnet werden, dem in Bosnien die Errichtung einer islamischen Republik, gewürzt mit nationalen Inhalten, vorschwebte. In der bosnischen Stadt Višegrad sprengten seine Anhänger das Denkmal des größten bosnischen Dichters Ivo Andrić. So verwundert es nicht, dass sich 90 Prozent der Bewohner der serbischen Gebiete im Falle einer Sezession Bosniens von Jugoslawien für eine eigene serbische Republik aussprachen. Auch die Kroaten wollten sich aus Bosnien verabschieden und riefen den Staat Herceg-Bosna mit Mostar als Hauptstadt aus. Der serbische Nationalismus radikalisierte sich immer mehr und fand seinen Ausdruck in der Führerschaft von Radovan Karadžić, dem Jahre später in Den Haag der Prozess gemacht wurde. „Dort enden Kriegsverbrecher, wenn sie der falschen Seite angehören“, wie es in „Golo spaziert“ von Teer Sandmann heißt.

Sarajevo wurde von 1992 bis 1996 von der jugoslawischen Armee belagert, die die Sezession Bosnien-Herzegowinas und die Vertreibung der Serben aus der Stadt nicht hinnehmen wollten. Die Frontlinie zwischen den Izetbegović- und den Karadžić-Kämpfern verlief zunächst mitten durch das Zentrum, bis der Ring durch die serbischen Kräfte immer enger gezogen und Sarajevo brutal belagert wurde. Die UN organisierten eine Luftbrücke und ein heute zu besichtigender Versorgungstunnel wurde gegraben. Es gab Granat- und Mörserbeschuss, Heckenschützen zielten auf Zivilisten. Im Laufe der Kriegshandlungen kam es zu ethnischen Säuberungen. Über zwei Millionen Menschen wurden vertrieben, Kulturdenkmäler zerstört. Alle Beteiligten verübten Gräueltaten wie Massaker, Folterungen und Vergewaltigungen. Wunden wurden geschlagen, die bis heute nicht geheilt sind. Die Aufsätze der aus Kroatien stammenden und sich als „Post-Jugoslawin“ begreifende Autorin Dubravka Ugrěsić wurden unter dem Titel „Die Kultur der Lüge“ veröffentlicht. Sie schreibt: „Die Quantität des Bösen, das Unschuldigen in Sarajevo angetan wurde, bereite sich aus wie ein radioaktives Gift, jeder empfing nichtsahnend seine Strahlendosis.“ Und sie weiß: „Europa ist in Sarajevo gestorben“.

Es gab in Sarajevo zwei Attentate mit weitreichenden Folgen. Das erste fand am 5. Februar 1994 am Marktplatz statt und forderte 68 Tote und 200 Verletzte. Die Serben, die dafür verantwortlich gemacht wurden, stritten jede Beteiligung an der schrecklichen Tat ab. Trotzdem wurde das Attentat zum Anlass genommen, Serbien mit Luftschlägen zu drohen und ein Flugverbot über Bosnien zu verhängen. Die Nato griff erstmals in den Jugoslawien-Krieg ein und schoss vier Cessna-Maschinen der bosnischen Serben ab. Wie die New York Times später recherchierte, war eine serbische Urheberschaft des Attentats sehr fraglich und vieles sprach für eine Täterschaft von moslemischer Seite.

Das zweite Attentat in Sarajevo traf am 28. August 1995 wieder den Marktplatz und forderte 41 Tote und 80 Verwundete. Auch für diesen Einschlag einer Mörsergranate wurden die Serben verantwortlich gemacht. Der Vorwand für die militärische Nato-Intervention auf dem Balkan war gegeben. 60 Nato-Kampfjets bombardierten Stellungen der Serben und die bosnisch-serbischen Ortschaften Pale und Lukavica, was schon in den ersten Tagen 100 Todesopfer forderte. Der Sonderbeauftragte der USA für Bosnien, Richard Holbrooke schrieb darüber in seinem Buch „Meine Mission“, dass „die Nato Luftangriffe gegen die bosnischen Serben aufnehmen [sollte], und zwar keine bloßen Nadelstiche, sondern einen schweren und wenn möglich nachhaltigen Luftkrieg … Dies sei, fuhr ich fort, seit dem Ende des Kalten Krieges der wichtigste Test für den amerikanischen Führungsanspruch nicht nur in Bosnien, sondern in ganz Europa.“ Die Luftschläge waren erfolgreich, die bosnischen Serben besiegt, als ein UN-Untersuchungsbericht zu dem Ergebnis kam, dass die Mörsergranate, die auf dem Markt so viele Tote gefordert hatte, von bosnischen Regierungstruppen und nicht von den Serben abgefeuert worden war. Egal, wer heute hier dank Bombardierung das Sagen hat, manifestiert sich in dem monströsen Bauwerk der US-Botschaft: ein gewaltiger Klotz, umzäunt wie ein Hochsicherheitstrakt.

So von der EU und den USA in die Enge getrieben, erklärten sich die Serben zur Unterzeichnung des Dayton-Vertrages bereit, der weder eine Aussöhnung der Ethnien, noch eine politische Einigung vorsah. Dagegen wird im Dayton-Vertrag die Einführung der Marktwirtschaft und Privatisierung der Staatsbetriebe festgeschrieben. Nach in Kraft treten des Dayton-Abkommens 1996 gaben die Serben ihre Stellungen um Sarajevo auf. Seitdem zählen nur noch fünf Prozent der Bevölkerung Sarajevos zu den bosnischen Serben. Insgesamt kamen im Bosnienkrieg etwa 200.000 Menschen ums Leben, davon waren mindestens 85 Prozent Zivilisten, so die Time am 20. Juli 1994; über zwei Millionen Menschen flüchteten, die Hälfte davon ins Ausland. Nach dem Eingreifen der Nato und dem Ende des Bürgerkriegs wurde Bosnien zu einem von Weltbank und Währungsfonds verwalteten Protektorat, das es bis heute blieb. Die höchste Staatsautorität ist der Hohe Repräsentant, der von den Vereinten Nationen eingesetzt wird und sogar berechtigt ist, gewählte Amtsträger abzusetzen. Die Nato, die zunächst die militärische Macht in Bosnien-Herzegowina bildete, wurde von einer EU-Friedenstruppe namens EURFOR abgelöst.

Jedem, der sich für die Geschichte Jugoslawiens und die daraus hervorgegangenen Staaten interessiert, sei das Werk von Johannes Hofbauer „Balkankrieg. Zehn Jahre Zerstörung Jugoslawiens“ empfohlen. Hofbauer sieht die Balkankriege als Ergebnis des militärischen Eingreifens der Großmächte und beschreibt die aus dem ehemaligen Jugoslawien hervor gegangenen Republiken als „Tummelplatz ausländischer Militärs, Politiker und NGO-Vertreter“.

Doch zurück in die Gegenwart. Neben dem Eingang zu einem Markt namens Sirano heißt es auf einem Spruchband: „EU ROPE Wasn't it enough??? 1992 – 1995 WASN'T IT?!“ Tatsächlich liegt in Bosnien immer noch und immer wieder Spannung in der Luft.

Bosnien Sarajevo

Dies hält uns aber nicht von einer Stadtbesichtigung ab und schon bald erreichen wir die serbisch-orthodoxe Kirche aus dem Jahre 1869, die über sehr schöne Ikonen verfügt (Eintritt 1 €). Gleich in der Nähe machen wir in dem kleinen Stadtpark eine Pause. Wir bewundern die Statue von Mak Dizdar (1917 bis 1971), ein bedeutender bosnischer Dichter, zu dessen wichtigsten Werken „Der blaue Fluss“ und „Stein Schläfer“ zählen. Ganz in der Nähe erhebt sich die katholische Herz-Jesu-Kathedrale mit ihren zwei Glockentürmen. Nicht weit davon befindet sich die wunderbare kleine Ferhadija-Moschee mit Friedhof. Das Osmanische Reich hat wunderbare Bauwerke hinterlassen, seine Moscheen sind Oasen der Ruhe und Besinnung.

Bosnien Sarajevo Mak Dizdar

In einem Straßencafé gönnen wir uns einen Kaffee. Amerikanische Ketten, Parfümerien und italienische Edelboutiquen haben in den Läden der Ferhadija-Straße Einzug gehalten. Wer sich wohl hier das Einkaufen leisten kann? Unser Taxifahrer bestimmt nicht. Und auch nicht die etwa 25 Prozent Arbeitslosen. Und auch von den Berufstätigen dürften es nicht viele sein, denn das monatliche Durchschnittseinkommen beträgt 400,00 Euro. Neben den Hauseingängen noch die Einschusslöcher der Kämpfe. In seinem Buch beschreibt Teer Sandmann seine Eindrücke bei einem Besuch Sarajevos kurz nach Kriegsende: „In den Parks von Sarajevo roch es nach Verwesung. Gleichzeitig schossen Boutiquen wie Pilze aus dem Boden. Neben durchlöcherten Hausfassaden öffneten Restaurants und Bars ihre Tore und junge Leute, kaum zwanzig, saßen da, lachten, tranken süßes Bier und Cola und rauchten. Die Kleidung der Mädchen war so knapp und spärlich, wie Golo es nirgendwo sonst gesehen hatte. Es musste dem Krieg entrissen werden, was er sich genommen hatte. Vielleicht war die nackte Haut ein Denkmal. Gewidmet den toten Kameradinnen und Kameraden, mit denen man als Acht- oder Zehnjährige noch gemeinsam in den Bänken der Grundschule gesessen hatte und die nun unweit der Boutiquen und Bars in der Erde der städtischen Parks verfaulten.“

Sarajevo Kath.Herz-Jesu-Kathedrale

Wie es scheint, wird in Sarajevo großer Wert darauf gelegt, dass der Bürgerkrieg nicht vergessen wird. Große Tafeln weisen auf eine „Exhibition Crime against Humanity and Genozid“ und auf eine Ausstellung „Srebrenica“. So wird in den Köpfen der Besucher der Gedanke betoniert, dass hier ein „Freiheitskampf“ der Bosnier gegen die bösen Serben stattgefunden hat. Offiziell bemüht sich eine sogenannte internationale Gemeinschaft, den Gesamtstaat zu stärken. Tatsächlich geht Versöhnung anders. Der Westen wies die gesamte Schuld für die Eskalation, die zu dem grausamen Bürgerkrieg führte, Serbien zu. Doch schaut man sich die Vorgänge genauer an, lässt sich diese einseitige Schuldzuweisung nicht aufrechterhalten. Peter Handke schrieb 1996: „Allzu schnell nämlich waren für die sogenannte Weltöffentlichkeit auch in diesem Krieg die Rollen des Angreifers und des Angegriffenen, der einen Opfer und der nackten Bösewichte, festgelegt und fixgeschrieben worden.“ Er weist darauf hin, dass die Ethnien und Religionen der drei Völkerschaften „von Dorf zu Dorf, und in den Dörfern selber von Haus zu Hütte, neben- und durcheinander lebten“. An anderer Stelle benennt Handke den französischen Philosophen Bernard Henri-Lévy als denjenigen, der sofort nach dem Anschlag auf den Markt von Sarajevo sagte: „Es wird sich zweifelsfrei herausstellen, dass die Serben die Schuldigen sind.“ Es handelt sich dabei übrigens um den gleichen Henri-Lévy, der sich auch bei der Kriegshetze gegen Libyen und später Syrien hervortat. Ein Philosoph in Sachen Krieg und Tod.

Sarajevo Ferhadija-Moschee

Weiter entlang der Hauptstraße erreichen wir den alten Basar. Gassen mit niedrigen Häuschen, darin Läden, die Schmuck, Gegenstände aus Emaille und Kupfer, Souvenirs und vieles mehr anbieten. Dazwischen Cafés, kleine Restaurants und Imbissstände.

Sarajewo Basar

Die Gazi-Husrev-Beg-Moschee von 1531 ist eine der größten und ältesten Moscheen in Bosnien (Eintritt 1,50 €). Im Hof der Moschee befinden sich neben dem Brunnen für die rituellen Waschungen das Grabmal von von Gazi Husrev Beg, dem Namensgeber und Stifter der Moschee, und das etwas kleinere Grabmal seines Verwalters. Daneben liegt die Medresa, die Koranschule mit Stalaktiten verziertem Portal (http://begovadzamija.ba/). Nicht weit davon erhebt sich der osmanische Uhrturm. In einem Warenhaus aus osmanischer Zeit kann heute noch eingekauft werden.

Sarajevo Grabmal Gazi-Husev-Beg (2)

Nun erreichen wir die große Baščaršija-Moschee aus dem Jahre 1528. Um das Innere der Moschee besichtigen zu dürfen, muss ich mir ein Kopftuch leihen. Als das Osmanische Reich zerfiel, wurde 1878 beim Berliner Kongress vereinbart, dass Bosnien-Herzegowina weiterhin zum Osmanischen Reich gehören, allerdings von Österreich-Ungarn verwaltet werden soll. Zu Beginn der 1970er Jahre sprach Tito den Bosniaken, d.h. den Slawen, die zum Islam konvertierten und etwa 48 Prozent der Bosnier ausmachen, den Status einer bosnischen Nation zu; damit waren sie den bosnischen Serben und Kroaten gleichgestellt.

Sarajevo Gazi-Husev-Beg-Moschee

In der Sarači-Gasse bewundern wir die ehemalige Karawanserei, die 300 Gästen Platz bot.

Sarajevo Markthalle

Dann erreichen wir den Hauptplatz mit dem berühmten türkischen Sebilj-Brunnen, ein Wahrzeichen der Stadt. In einem kleinen Gemüseladen kaufen wir köstlich schmeckende Kirschen, das Kilo zu 5 KM. Wir bummeln durch die Gasse der Kupferschmiede, wo neben Platten und Tellern aus Patronenhülsen gefertigte Kugelschreiber und andere „Kriegssouvenirs“ zum Verkauf angeboten werden.

Sarajevo Sebilj-Brunnen

Sarajevo  Gasse der Kupferschmiede

Nun noch ein Blick auf das frisch renovierte, alte Rathaus aus der Zeit der k.u.k.-Monarchie im pseudo-maurischen Stil, das die Nationalbibliothek beherbergte, bis es 1992 durch Granatbeschuss in Flammen aufging.

Sarajevo Altes Rathaus

Nun überqueren wir eine Brücke über die Miljacka. Auf der anderen Seite des Flusses befindet sich die mehrfach restaurierte Kaisermoschee aus dem Jahre 1462. Weiter geht es zur Lateiner Brücke, in deren unmittelbarer Nähe am 28. Juni 1914 das Attentat auf den österreichischen Thronfolger erfolgte.

Sarajevo  Lateiner Brücke mit Sarajewo Museum

Touristisch ist gerade nicht viel los, wenige kleine Grüppchen durchstreifen wie wir Sarajevos Altstadt. In einer Cevapciceria werden wir mit den üblichen Cevapcici abgespeist. Diese Cevapcici-Orgien nehmen einfach kein Ende. Ein alter Mann kommt mit einer großen Tasche vorbei, aus der er Honig verkauft. Ein großes Glas kommt mit.

Außerhalb der Altstadt befinden sich Sarajevos moderne Stadtviertel mit großen Hotels, Banken, Einkaufszentren. Am Stadtrand Wohnviertel mit ihren Mietskasernen.

Es gäbe noch vieles zu besichtigen, aber wir müssen zurück zu unseren Hunden, die am Campingplatz auf uns warten.

Mostar

Die nächste Station unserer Reise ist Mostar. Wir nehmen nicht die Autobahn, sondern die fast verkehrsfreie Landstraße E73, die entlang von Bächen durch schöne Landschaften führt. Bosnien haben wir verlassen und sind nun in Herzegowina. Am Straßenrand finden sich nicht nur Tankstellen, sondern auch einladende Restaurants und immer wieder bieten Honigverkäufer ihre Ware an. Ich kann nicht widerstehen: Ein Glas des golden schimmernden Akazienhonigs muss mit. Ein süßer Honigurlaub wird das.

Vorbei an Flüssen und Stauseen verläuft die Landstraße zwischen Bergen und Wasser. Immer wieder Restaurants, die mit Lamm am Spieß werben. In Pestar Sedmica können wir nicht mehr widerstehen und besuchen eine Lammbraterei. Das Lamm wird vor dem Restaurant am Spieß gedreht und sieht sehr knusprig und lecker aus. Das Restaurant ist hübsch und die Beilagen – Kartoffeln und Salat – schmecken vorzüglich. Und die Preise sind sehr zivil.

Bei Gornja-Grabovica beginnt eine wilde Schlucht. Mehrere zerklüftete Bergketten falten sich hintereinander auf. Hier erheben sich die über Zweitausender des Prenj-Gebirges und der Cvrsnica. In den Bergwäldern soll es noch an die 1200 Braunbären geben und natürlich unzählige Rehe, Wildschweine, Wölfe, Füchse, Dachsen und Hasen.

Als wir Mostar erreichen, umfahren wir die Stadt zuerst und folgen oberhalb der Ausschilderung nach Blagaj. Schon nach wenigen Kilometern liegt linker Hand das Autocamp Paradiso: klein, einfach, Dusche und Toilette. Wir sind die einzigen Gäste. Das ist für uns und die Hunde ideal. Wir können unter einem ausladenden Nussbaum parken, hinter uns erstreckt sich ein kleiner Weinberg. Unser Patrone hat eine Schäferhündin, allerdings in einem Zwinger untergebracht, d.h. in einem 1x1 m großen Drahtkäfig, der in der prallen Sonne steht. Entsetzlich!

Wir beziehen also hier Quartier und hecheln uns mit den Hunden durch die Hitze des Nachmittags.

Mostar Camping Paradiso

Am nächsten Morgen fahren wir mit dem gut besetzten Linienbus, der direkt vor dem Campingplatz hält und nur ein paar Groschen kostet, ins Zentrum von Mostar. Die Hunde bleiben im Camper im Schatten unter dem Baum. Mittags wollen wir zurück sein.

Kaum ausgestiegen, drängt sich uns ein sogenannter Reiseführer auf. Zunächst versuchen wir ihn abzuwimmeln, weil seine Mitleidstour, armer Kriegsveteran, unangenehm ist. Doch dann geben wir nach und folgen ihm zum Fluss. Er führt uns an eine Stelle, von der wir ein wirklich schönes Foto auf die berühmte Stari-Most-Brücke, dem im Bosnienkrieg zerstörten Wahrzeichen der Stadt, machen können. Am 9. November 1993 stürzte die osmanische Brücke unter kroatischem Panzerbeschuss in sich zusammen. Die Brücke über die Neretva, die vor dem Krieg ein Symbol für den Brückenschlag zwischen Christentum und Islam war, durchschneidet heute das Städtchen und trennt deren christliche und moslemische Bevölkerung, auf der Westseite leben Kroaten, d.h. katholische Bosnier, auf der Ostseite Bosniaken, d.h. moslemische Bosnier. Die alte Brücke war 1557 erbaut worden und wurde nach ihrer Kriegszerstörung originalgetreu für 15 Millionen Euro wieder aufgebaut worden. Sie zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Mostar Stari Most Brücke

Wir brauchen Bargeld und sind auf der Suche nach einem Bankomat. Unser Führer macht sich mit uns auf den Weg. Der Höchstbetrag, der abgehoben werden kann, beträgt 50 KM, d.h. 25 Euro. Plötzlich verlangt unser „Führer“ 20 Euro für seine bisherigen Dienste, denn auf die andere Seite, die moslemische, könne er nicht gehen. Das ist unverschämt. Wir einigen uns mit ihm auf 20 KM, was immer noch viel zu viel ist. Aber jetzt wollen wir ihn wirklich nur noch loswerden.

Die Altstadt von Mostar besteht aus engen Gässchen, wo sich dicht an dicht Souvenirläden, Eisdielen, Cafés und Restaurants aneinander reihen. Da die kroatische Küste nicht weit ist, machen hier im Sommer viele Badeurlauber einen Ausflug nach Mostar. Zuerst besuchen wir ein türkisches Hamam aus dem 16. Jahrhundert, in dem ein kleines Museum eingerichtet ist. Dort decken wir uns mit Souvenirs in Form von Seifen, Waschlappen und Bimssteinen ein.

Mostar Altstadt

Dann machen wir uns erneut auf den Weg zur Brücke Stari-Most, um in den moslemischen Teil der Stadt zu gelangen. Noch 1991 demonstrierten die Menschen in Mostar gemeinsam für Frieden. Doch schon 1992 riegelten serbische Soldaten die von Serben bewohnten Stadtteile ab, wobei es zu Übergriffen auf Moslems und Kroaten kam. Im Westen der Stadt gingen ihrerseits die Kroaten gegen Moslems und Serben vor. Große Teile der serbischen Bevölkerung flüchteten aus der Stadt, die Moslems suchten im Westen Mostars Schutz, serbische Truppen kesselten die Stadt ein und wurden von Bosniern und Moslems bekämpft, bis sich die Serben 1992 zurückzogen. Nun forderten kroatische Nationalisten den Anschluss Herzegowinas an Kroatien und überfielen moslemische Dörfer. In Mostar kämpften die Moslems im Westen der Stadt gegen die Kroaten im Osten. Kroaten misshandelten und ermordeten moslemische Männern, Frauen und Kindern und riefen den Staat Herceg-Bona aus. 1994 stellte die EU die Stadt unter internationale Verwaltung. Die Federführung hatte der SPD-Politiker Hans Koschnick, auf den zwei Mordanschläge verübt wurden. Erst nach dem Dayton-Abkommen kehrte in Mostar Ruhe ein.

Bosnien

Sie sprechen: junge, lächelnde Gesichter orthodoxer Bosnier
Verewigt auf marmornen Grabsteinresten, geschmückt mit byzantinischen Kreuzen.

Sie schweigen: junge, islamische Bosnier, gehüllt in weißes Linnen
Ihr Haupt gen Mekka geneigt, im groben Leichentuch in Erde gebettet.

Schmucklos die kleinen Grabsteine zum Gedenken ihrer kurzen Zeit auf Erden.
Hier trennten sie die Trümmer der Brücke von Mostar
In deren düsteren Schatten nun still die
Smaragdgrün glitzernde Neretva fließt.

Jetzt sind sie nicht mehr getrennt, einzig herrscht nun die Stille.
Jene, die ihr Blut geopfert
gehörten zu anderen Himmeln und anderen Welten.

Giuseppina Torelli

Die Sonne brennt heiß und das Pflaster der Altstadtstraßen ist ein Knöchelbrecher. Da beim Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Brücke das Geld knapp war, kam man auf die unsägliche Idee, große Flusssteine als Pflaster zu verwenden. Die Brücke hat somit doppelten Symbolwert: ein Wiederaufbau, gestümpert und gemurkst.

Mostar Stari Most

Auf der bosniakischen Seite schlagen wir den Weg zur Karadoz-Bey-Moschee ein, die von Mimar Sinan, dem berühmtesten osmanischen Baumeister, entworfen worden sein soll. Sie stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist die älteste Moschee in Mostar, nur leider geschlossen. Also begnügen wir uns mit ein paar Fotos des sie umgebenden Friedhofs, auf dem sich auch das Grabmal des Schriftstellers Osman Dikić befindet. Von hier hat man einen guten Ausblick auf die unter uns gelegene Altstadt und auch auf den modernen Teil von Mostar. Wohlstand sieht anders aus.

Mostar  Karadoz-Beg-Moschee

Etwas unterhalb befindet sich die Koski-Mehmed-Pascha-Moschee aus dem Jahr 1619. Hier wird drei Euro Eintritt verlangt und möchte man auch auf das Minarett kostet es 6 Euro. Der Brunnen vor der Moschee ist einer der ältesten in Herzegowina.

Mostar Koski-Mehmed-Pascha-Moschee.

Nun besuchen wir noch den Tepa-Markt, dessen Angebot recht bescheiden ist. Im Frühjahr ist noch nicht viel Obst und Gemüse reif und Geld für Importe fehlt. Unsere Tomaten- und Gurkenvorräte können wir ergänzen und auch Käse gibt es. Und natürlich: Honig! Und zwar ein Gläschen mit rotem (Granatapfel), grünem (Minze) und schwarzem Honig (Feige) – muss mit. Sieht einfach hübsch aus. Die süßeste Reise meines Lebens!

Mostar  Tepa-Markt

Langsam schlendern wir durch die Gasse der Goldschmiede zurück zur Alten Brücke. Nun wieder auf der kroatischen Seite der Stadt überqueren wir hier noch die malerische, steinerne Schräge Brücke aus dem Jahre 1558.

Mostar

Zurück an der Bushaltestelle stellen wir fest, dass so schnell kein Bus kommen wird. Die Wartebank steht voll in der heiß brennenden Sonne und wir sind müde. Also entscheiden wir uns zu einer Taxifahrt. Ein netter Parkplatzwächter ruft uns ein Taxi. Sein Kumpel lädt uns in einen Hinterhof ein, wo sich eine schattige Laube befindet, die mit wenigen Tischchen bestückt als Café dient. Die Rückfahrt mit dem Taxi kostet 6 Euro.

Als wir uns unter unserem Walnussbaum von der Stadtbesichtigung erholen, kann ich meine Augen kaum von unserem Patrone wenden. Zu nacktem Oberkörper trägt er über seinem Bierbauch knallig rote Shorts, die auf der Vorderseite über die ganze Breite in Großbuchstaben die Aufschrift „HEAVEN“ tragen. Wow!

Der Patrone spricht ganz gut Englisch. Er ist Feuerwehrhauptmann, wie er stolz erzählt. Er sagt, die beste Zeit sei zur Zeit Titos gewesen. „Die Menschen haben vor dem Krieg friedlich zusammengelebt. Man hat zusammen Kaffee getrunken. Dann hat man gegeneinander gekämpft. Und jetzt trinkt man wieder zusammen Kaffee. Die Situation ist aber immer noch angespannt. Man weiß nie, was passiert. Die Angst vor einem neuen Krieg ist da. Vom Krieg haben wenige Familien profitiert, die haben jetzt das Sagen. Niemand investiert wegen der unsicheren Situation.“ Herzegowina, das hauptsächlich von Kroaten bewohnt wird, scheint auf eine Abspaltung von Bosnien und einen Anschluss an Kroatien zuzusteuern. Damit wäre für Bosnien der Zugang zum Mittelmeer gekappt.

Die deprimierende wirtschaftliche Situation von Bosnien-Herzegowina hat eine Arbeitslosigkeit von 45 Prozent zur Folge, von den Schul- und Studienabgängern sind gar 60 Prozent ohne Job. Viele Menschen ernährt notdürftig die Schattenwirtschaft. Dagegen florieren Korruption und organisierte Kriminalität. Die meisten Menschen in Bosnien leben am Existenzminimum und verzweifeln ebenso an der schlechten wirtschaftlichen Lage wie an Politik und Politikern.

Jeder, mit dem wir auf dieser Reise gesprochen haben, klagt über korrupte Politiker, die nur ihre eigenen Vorteile bedienen, über Familienclans, die das Land kontrollieren und dafür bereit sind, ihr Land an den Westen zu verkaufen. Kein Wunder, dass die Wahlbeteiligung inzwischen ins Bodenlose fällt. Man muss sich das vorstellen: Während des Bosnienkrieges wurden nicht nur Straßen, Brücken und das Schienennetz zerstört, sondern auch achtzig Prozent der bosnischen Industrieanlagen. Inzwischen soll die Industrieproduktion wieder dreißig Prozent des Vorkriegsniveaus erreicht haben. Bosnien-Herzegowina eines der ärmsten Länder Europas.

 Dubravka Ugrěsić hat dagegen angeschrieben. Die Sezessionskriege haben ihr die Identität und ihre Geschichte geraubt. Die Frage, wie das nur geschehen konnte, treibt sie um. Wie konnte die jugoslawische Identität und der Sozialismus einfach gegen den Nationalismus ausgetauscht werden? Wie konnten aus „Brüdern und Schwestern“ plötzlich „seelenlose, manipulierte Jugo-Zombies“ werden, wo ihnen doch einst gelehrt wurde, dass man die „Brüderlichkeit und Einigkeit hüten muss wie einen Augapfel“? Zur Wahrnehmung über die Vorgänge in Bosnien schreibt sie: „Die Wahrheit [über Jugoslawien] ist in Scherben zerfallen wie ein Spiegel. Jedes Bruchstück reflektiert seine Wahrheit … Jede Scherbe reflektiert ihre tiefe Wahrheit und ihre tiefe Lüge.“ Die Schriftstellerin stellt fest: „Unter der Parole der Demokratisierung haben die Regierungen aller Republiken ihre Länder ärmer und die Menschen unglücklicher gemacht. Anstelle wirklicher Demokratie haben sie […] kleine, totalitäre Gemeinwesen errichtet.“ Ugrěsić bedauert, dass sich nach den Jugoslawien-Kriegen viele Intellektuelle „freiwillig dem Strom der unfreiwilligen Flüchtlinge anschließen und an die Tür anderer Länder klopfen“, während zu Zeiten Jugoslawiens Emigration unter Intellektuellen kein Thema war. Und wird es wirklich so sein, dass „die Völker der neuen Staaten keine Scham empfinden werden über die Millionen Toten, über das zerstörte Land, das sie einmal gemeinsam aufgebaut hatten“? Sie erhebt auch schwere Vorwürfe gegen die Medien, die „die Lüge erfolgreich legalisiert“ haben. Der Zerfall Jugoslawiens, der Krieg und die Gründung der neuen Nationalstaaten waren begleitet vom „parallelen Prozess der Volksverdummung“. Sie schreibt über die „balkanische Landkarte des Unglücks“: „Wir schlagen die Trommel des Unglücks bis zur Erschöpfung, bedienen unermüdlich die Drehorgel der eigenen Leiden“. „Die Vernichtungsorgie wird unter dem Designeretikett des 'Befreiungskampfes' verkauft.“ Denn während der Kriegszeit kam es nicht nur zu unglaublichen Gräueln, sondern auch zu „Säuberungskampagnen“ gegen „Saboteure, Verräter, Anti-Tudjman-Guerilleros, Kommunarden, Jugo-Nostalgiker, Andersdenkende“, sogar zu Abrissen von Denkmälern für die Opfer des Faschismus.

Unser Patrone ist sehr stolz darauf, dass sein Hund unglaublich scharf ist. Bei uns kommt der Verdacht auf, dass er seinen Hund mit Absicht den Qualen der Sonne aussetzt. Ab und an übergießt er ihn mit einem Eimer Wasser. Etwas weiter oben im Grundstück hat er noch zwei Hunde angekettet, an einer Mauer, ebenfalls nachmittags in der prallen Sonne. Es sind ein mittelgroßer Schwarzer und ein ganz junger türkischer Schäferhund. Nähert man sich ihnen, kläffen sie wie verrückt. Kein Wunder, sie leiden Qualen. Doch ganz eindeutig empfindet unser Patrone darüber überhaupt keine Scham und hat auch kein Mitgefühl. Das scheint seine Art zu sein, um Hunde scharf zu machen. Sie werden vor Schmerz und Angst in den Wahnsinn getrieben. Entsetzlich! Der Hund fleht um Erbarmen, er möchte spielen und tollen und lieben und geliebt werden. Und fühlt, wie er zur Bestie wird. Noch ist er jung, noch wäre es nicht zu spät. Doch niemand wird kommen und ihn erretten. Ich wünsche ihnen allen einen baldigen Tod, eine Erlösung aus ihrem Martyrium.

Dabei ist der Patrone ansonsten ein netter Mensch, der vernünftig wirkt und sich nett mit uns unterhält. Nächste Woche erwartet er hundert Feuerwehrvolontäre. Sie werden alle auf seinem Campingplatz in Zelten untergebracht. Darauf freut er sich.

Abends besuchen wir ein nebenan gelegenes Restaurant. Die Wirtin ist Muslima und darf wegen des Ramadan bis Sonnenuntergang nichts essen und trinken. Die Arme bereitet uns trotzdem eine Grillplatte mit den unvermeidlichen Cevapcici. Der Wirt ist Christ. Als wir ihn nach einem Schild fragen, das über Tür hängt und eine durchgestrichene Pistole zeigt, sagt er, seit dem Krieg seien sehr viele Waffen im Umlauf. Ihm käme aber niemand mit einer Waffe ins Restaurant. „Früher hatten wir ein Restaurant hinter den Bergen, das wurde während der Kämpfe total zerstört. Wir sind hierher geflohen und fingen von vorne an. Jetzt sitzen alle wieder zusammen. Nur die Politik ist an allem schuld gewesen.“ Sicher wahr, nur, es braucht halt immer auch eine Bevölkerung, die mitmacht.

StepMap-Karte-Jugoslawien

Heute hatte es über 40° C, Ende Mai. Während wir noch ein Glas Rotwein schlürfen beobachten wir im Baum neben uns drei Schwalbenkinder, die eng aneinander gekuschelt auf einem Ast sitzen und abwechselnd von ihren Eltern gefüttert werden. Sie werden flügge. Schwalben, meine Lieblingstiere, mehr im Himmel als auf Erden zu Hause, immer auf Reisen zwischen dem europäischen und dem afrikanischen Kontinent. Das Herz wird weit.

Blagaj

Die Straße, an der unser Campingplatz liegt, führt weiter nach Blagaj. Ein sehenswerter Ort, etwa zwölf Kilometer entfernt, mit einem Derwischkloster, einer Moschee, einer Brücke und Wohnhäusern aus osmanischer Zeit. Hier wurden viele sogenannte Stécci gefunden. Stécci sind Grabstelen aus Monolithen mit Abbildungen und Reliefs. Als ihre Schöpfer werden Bogomiten vermutet, d.h. Anhänger einer Religion mit christlichen und buddhistischen Elementen, die zwischen dem 10. und 15. Jahrhundert in Bosnien weit verbreitet war. Allerdings sind wir etwas verschnupft als wir nur fürs Parken 4 Euro zahlen sollen.

Zunächst besuchen wir die Kaiser-Moschee mit ihrem kleinen Friedhof, die sich in unmittelbarer Nähe des Parkplatzes befindet. Ein Stück weiter den Berg hinunter kommen wir zur romantischen Karadoz-Begova-Steinbrücke. Oben am Berg sieht man die gut erhaltene Festung Stjepan grad, die besichtigt werden kann. Doch diesen Aufstieg ersparen war uns. Drei Kilometer weiter erreicht man das Derwischkloster Derviška, das in ein Museum für islamische Wohnkultur umgestaltet wurde. Der Weg zum Eingang ist mit Verkaufsbuden gesäumt. Auch hier muss ich Kopftuch tragen, um die wunderbare Innenarchitektur besichtigen zu dürfen.

Wir fahren zurück nach Mostar und weiter geht es entlang des smaragdgrünen Flusses durch bergige Landschaft Richtung Mittelmeerküste, d. h es geht zurück nach Kroatien. Nach dem Bürgerkrieg wurde fast der gesamte Küstenstreifen bis einschließlich Dubrovnik Kroatien zugesprochen. Für Bosnien blieb nur ein 21 Kilometer kurzer Küstenstreifen an der Grenze zu Montenegro.

Kroatien

Bei der Ortschaft Metkovic reisen wir nach Kroatien ein. Wieder das unvermeidliche Grenzübergangsprozedere, das auch hier recht streng gehandhabt wird. Und was fällt sofort nach der Grenze ins Auge? Ein Lidl! Willkommen in der EU. In Kroatien herrschte 1993 eine Hyperinflation von 1.500 Prozent, was die Entwertung aller Sparguthaben bedeutete. Bis 2018 hat sich die Inflation mit 1,5 Prozent wieder normalisiert, doch es besteht ein enormes Handelsdefizit. Der Westen flutet das Land mit Waren, während Kroatien nichts zu exportieren hat. Die EU hat sich einen neuen Absatzmarkt geschaffen, aber keine Arbeitsplätze. Während es an der Küste noch saisonale Arbeitsplätze im Tourismusbereich gibt, stirbt das Hinterland aus. Die Provinz Istrien verbucht den Hauptanteil an den Tourismuseinnahmen, da rund 50 Prozent der Urlauber diese Provinz besuchen. Doch diese Einnahmen fließen zum Großteil nach Italien ab. Wer von den Jüngeren kann, geht zum Arbeiten ins Ausland. „Die Hoffnungen, die an den EU-Beitritt geknüpft waren, haben sich in Luft aufgelöst“, so sieht es Le Monde Diplomatique.

Der kroatische Küstenstreifen ist durch eine hohe Bergkette von Bosnien getrennt. Die Straße windet sich die Berge hinab zur Küste. Überall an der Straße wird Honig verkauft und wir nehmen auch hier das Angebot wahr. Leider stellt sich zu Hause heraus, dass der Honig von recht minderer Qualität ist. Es soll Waldhonig sein, die dunkle Farbe stimmt, doch der Geschmack erinnert eher an Zuckermelasse.

Bei Ploce erreichen wir die Kroatische Riviera. Von hier ist es nur noch ein Katzensprung in südlicher Richtung bis Dubrovnik, doch wir folgen der Küste nach Norden. Rechter Hand karstige Berge mit mediterraner Vegetation, linker Hand die wunderschöne Küste. Touristisch ist es hier, Autocamps und Restauros, alles recht gepflegt. Schon kommt ein bisschen Sehnsucht auf nach dem „wilden“ Bosnien-Herzegowina und seine bewaldeten Berge und tiefen Schluchten.

Podaca/Kapeć

Kurz nach Gradac steuern wir ein Autocamp an, das Uvala borova camp Makarska (https://www.uvalaborova.com). Die Nacht kostet 35 Euro. Der Campingplatz, der zum Ortsteil Kapeć der Ortschaft Podaca gehört, ist terrassenförmig angelegt. Wir haben eine ganze Terrasse für uns allein, unter Pinien, mit Blick aufs Meer.

Podaca Kapec Kroatien

Als erstes gehen wir an den Kieselstrand zum Schwimmen. Wunderbar klares, angenehm warmes Wasser. Und abends gucken wir auf dem Laptop einen München-Tatort. Neben Udo Wachtveitl spielt der in Kroatien geborene Miroslav Nemec einen kroatischen Hauptkommissar namens Ivo Batic.

Podaca Kapec Kroatien

Die Nacht wird aufregend. Zunächst ist die Hitze mörderisch und die Luft elektrisiert. Die Hunde hecheln um die Wette und auch wir können nicht schlafen. Die Erlösung bringt nach Mitternacht ein Wahnsinnsgewitter. In nächster Nähe schlägt bei uns der Blitz ins Meer. Der darauf folgende Donnerschlag ist gewaltig. Die Hunde ängstigen sich und versuchen panisch, sich in unsere Betten zu flüchten. Draußen gießt es aus Eimern. Der ganze Spuk dauert keine halbe Stunde, dann hat es empfindlich abgekühlt. Endlich schlafen wir alle ein.

Der Morgen empfängt uns mit einem strahlend blauen Himmel und Sonnenschein. Noch vor dem Frühstück gehen wir mit den Hunden eine Runde schwimmen. Das Meer ist noch aufgewühlt und etwas kühler, aber trotzdem sehr schön. Wie schon gestern Abend sind wir die einzigen hier am Strand.

Podaca Kapec Kroatien

Heute ist unser Problemtag. Nach dem schweren nächtlichen Gewitter funktioniert das WLAN nicht mehr. Das ist zu verkraften, doch als wir vom Schwimmen zurückkommen, lässt sich die Tür unseres Campers nicht mehr öffnen. Hellmut kriecht von der Fahrerkabine durch das Schlupfloch nach hinten – wie gut, dass es diese Verbindung gibt – und öffnet die Tür von innen. Der nette Campingplatzwart rückt mit Werkzeug an und mit vereinten Kräften gelingt die Reparatur des Schließmechanismus. Doch damit ist noch nicht Schluss: Wir haben auch keinen Strom mehr, die Sicherung am Verteilerkasten ist kaputt und muss ausgetauscht werden. Das Gesetz der Serie oder aller guten Dinge sind drei.

Nun ist auch der Parmesan aus und ich reibe Emmentaler in das Zucchini-Risotto, das jetzt nach Käsespatzen schmeckt. Morgen werden wir mal das kleine Restaurant ausprobieren. Die Pizza duftet dort so lecker.

Wir beschließen, ein paar Tage hier zu bleiben. Der Campingplatz bereitet sich auf die Saison vor. Alles wird geputzt, Blumenkästen aufgestellt und ein Laden öffnet. Nebenan befindet sich eine nagelneue Hotelanlage, wo langsam die ersten Gäste eintreffen. Morgens und abends sind wir praktisch allein am Strand und so können wir problemlos mit den Hunden schwimmen gehen. Die Küste mit den vorgelagerten Inseln ist wunderbar. Zum Schwimmen sind allerdings wegen der großen Kieselsteine Badeschuhe angeraten.

Der Ortskern mit Bäckerei, Supermarkt und Post liegt etwa einen Kilometer weiter nördlich. Auf dem Weg dorthin befindet sich ein Brunnen, wo wir zusammen mit Einheimischen unsere Wasserflaschen auffüllen.

Weniger schön: Zwei Angestellte widmen sich hingebungsvoll der Beseitigung auch der kleinsten Piniennadel mit dem Einsatz unsäglicher Laubbläser! Der Urlaub hier könnte so idyllisch sein! Ich muss an den Roman „Golo spaziert“ denken, dessen Held auf einem dieser Apparate kleingedruckt unter dem Griff die Beschriftung entdeckte: „Laubentfernung und Trockenlegung – ein Projekt der Regionen. Finanziert durch die Europäische Union.“ Da gehen also die EU-Gelder hin. Wir sollten uns ein Bespiel an den zutraulichen Finken und Drosseln nehmen, die nach Brosamen picken und sich durch das lautstarke Gebläse nicht stören lassen.

Wir beschließen, unsere Fahrt in Richtung Norden fortzusetzen und nehmen die Straße entlang der Steilküste mit ihren vorgelagerten Inselchen. Sehr idyllisch! Zwischen den Buchten und kleinen Ortschaften nimmt die Dichte der Campingplätze immer mehr zu.

Kroatien Küstenstraße

Trogir

Split lassen wir links liegen und fahren weiter bis zu dem auf einer Insel gelegenen Städtchen Trogir, neben Dubrovnik die zweite „Perle der Adria“. Trogir ist durch eine Brücke mit dem Festland verbunden und um auf die zweite Insel Čiovo zu kommen, muss man noch einmal über eine Brücke. Es herrscht viel Verkehr, die Brücke ist ein Nadelöhr, doch der einzige Weg zum Rožăc-Campingplatz (35 Euro/Nacht).

Nach der bisher doch recht beschaulichen Zeit im ehemaligen Jugoslawien sind wir erst mal geplättet. Der Campingplatz ist überbelegt und wir finden mit unserem Camper gerade noch einen kleinen Stellplatz zwischen weißen Riesen. Wir fühlen uns mehr an einen Parkplatz, denn an einen Campingplatz erinnert. Die Duschräume und Toiletten wecken Erinnerungen an Aufenthalte im Schullandheim, nur dass hier vorwiegend ältere Menschen unterwegs sind.

Trogir Rozac-Camping

Es ist sehr heiß und dementsprechend voll ist auch der Strand. Trotzdem wagen wir erst einmal einen Sprung ins Wasser, das hier leider nicht so klar und sauber ist wie in Kapeć. Eigentlich wollten wir zwei Nächte bleiben und am nächsten Morgen die Stadt besichtigen, aber angesichts der Lage entscheiden wir uns, noch abends in die Stadt zu fahren und morgen früh gleich wieder aufzubrechen. Also Hunde im Camper gelassen und für 17 Euro (!) mit dem Taxi in etwa fünf Minuten zur Altstadt gefahren.

Trogir wurde bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. von Griechen gegründet, wechselte immer wieder die Herrscher und kam auch unter byzantinische und venezianische Herrschaft. Wir spazieren durch die Altstadt, die seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Hier finden sich die Stilrichtungen der vergangenen Zeiten: Romanik, Gotik, Renaissance und Barock.

Zunächst besuchen wir die dreischiffige Kathedrale des heiligen Laurentius. Gerade konnten wir noch durch das wunderbare Portal in die Kirche hineinschlüpfen, bevor sie schließt, und die Taufkapelle aus dem Jahre 1464 und die im Renaissancestil gestaltete Kapelle Sveti Ivan Ursini bewundern.

Trogir Kroatien Kathedrale

In dem gegenüberliegenden Rathaus aus dem 15. Jahrhundert findet sich ein gotischer Innenhof. Der Brunnen ist mit einem venezianischen Markus-Löwen geschmückt. Durch die hübsche, von Touristen stark frequentierte mittelalterliche Altstadt gelangen wir zur venezianischen Festung Kamerlengo mit ihrem Rundturm. Von dort geht es entlang der Seepromenade. Ein kleiner Kanal, der als Jachthafen für Luxusschiffe dient, trennt die Stadt von der Halbinsel Čiovo. Wir entschließen uns zu einem romantischen Abendessen in einem der vielen Restaurants. Das Essen ist gut, aber nicht herausragend, und kostet mit je einem Getränk etwa hundert Euro. Nicht schlecht.

Trogir Kroatien Festung Kamerlengo

In einem Artikel von Le Monde Diplomatique heißt es, 2017 hätten 15,6 Millionen Touristen Kroatien besucht, bei einer Bevölkerung von 4,1 Millionen. Jährlich wandern 30.000 Kroaten ab, in Deutschland leben bereits etwa eine halbe Million. Ein Großteil der Tourismuseinnahmen, die 25 Prozent des kroatischen Bruttoinlandsprodukts ausmachen, fließt direkt wieder ins Ausland, an internationale Hotelketten und Lieferanten für westeuropäischen Komfort. LMD schreibt: „Die Jobs, die geschaffen werden, sind meist niedrig qualifizierte Dienstleistungsjobs und oft nur befristet.“

Trogir Kroatien Yachthafen

Plitvicer-Seen

Am nächsten Morgen sind die Plitvicer-Seen unser Ziel. Auf dem Weg ins Landesinnere müssen wir das große Bergmassiv mit seinen steil aufragenden Zinnen bezwingen. Die Autobahn führt durch einen sechs Kilometer langen Tunnel, anschließend steil bergab, bis die Bergwelt in weites Grasland übergeht.

Kroatien Landschaft

Auf einer Anhöhe legen wir eine Mittagspause ein. Weil es hier so schön ist, beschließen wir, einfach die Nacht zu bleiben. Nach dem überlaufenen Trogir und der bedrückenden Enge des Campingplatzes dort tut die einsame Natur, die Ruhe und der weite Blick auf den Talkessel einfach gut. Dazu ein einfaches Essen aus Bratkartoffeln und Paprikagemüse mit einem Glas Rotwein. Abends breitet sich rings um uns tiefe Dunkelheit aus. Ganz weit entfernt entdecken wir drei kleine Lichtlein, die wohl von Häusern irgendwo in den bewaldeten Hängen stammen. Das wird eine traumhaft gute Nacht.

Kroatien Landschaft

Am nächsten Vormittag erreichen wir das Campo Corano, das am Fluss Korano liegt, (37 Euro/Nacht). Es ist in einer großzügigen Parklandschaft angelegt und nicht sehr stark belegt. Kaum haben wir eingeparkt, bricht ein heftiges Gewitter los. Als danach wieder die Sonne scheint, machen wir uns auf den Weg ins am Flussufer gelegene Restaurant. Es ist dort nicht gerade billig und mäßig gut.

Kroatien Im Camper

Jetzt sind wir schon so lange bei Sonnenschein unterwegs, doch heute erwischt es uns heftig mit Regen. Frühstück im Camper ist angesagt. Doch dann geht’s los zum Nationalpark Plitvicer-Seen, dem größten und ältesten Nationalpark Kroatiens und Weltnaturerbe der UNESCO (www.np-plitvicka-jezera.hr). Der Nationalpark ist ein Muss für jeden Winnetou-Fan, stellte der Wasserfall Galovački buk doch hier die Hauptkulisse für Karl Mays „Schatz im Silbersee“ (www.winnetous-spuren.de).

Plitvicer-Wasserfälle Kroatien

Als wir am Eingang 1 der Plitvicer-Wasserfälle ankommen, gießt es in Strömen. Der Eintritt kostet 15 Euro und wir beschließen, der rot gekennzeichneten Tour zu folgen. Menschenmassen schieben sich den Hang hinab zum Großen Wasserfall, Gruppen von Chinesen, Japanern, Indern, die alles und vor allem sich selber immer und immer wieder fotografieren. Und wir mitten drin. Trotz Regen und der vielen Menschen: Es lohnt sich. Der 78 m hohe Großer Wasserfall ist eine beeindruckende Naturkulisse. Auf Holzstegen überqueren wir die türkisfarbenen Teiche mit Pflanzen und Moosen, Flüsse mit ihrer wilden Ufervegetation. 55 Orchideenarten wachsen hier. Als wir den Wasserläufen, die immer wieder von Kaskaden unterbrochen werden, folgen, lösen sich die Touristengruppen langsam auf. Unser rot gekennzeichneter Pfad geht wieder den Berg hoch und zurück an den Ausgangspunkt. Dass gerade diese wunderschöne Gegend im Jugoslawienkrieg stark umkämpft war, ist heute fast unvorstellbar.

Plitvicer-Wasserfälle Kroatien

Nach etwa zwei Stunden Wanderung sind wir trotz Regenmäntel total durchnässt. Die Touren 2 und 3 hätten noch eine Schifffahrt über den Kozjaken See beinhaltet, aber bei dem Wetter verzichten wir gerne. Und wir haben auch keine Lust mehr, uns zum Eingang 2 (mit Nationalparkhotels) zu begeben und weitere Wasserfälle und Kaskaden zu besichtigen. Wir ziehen einen Restaurantbesuch vor. Das große Restaurant am Parkplatz überrascht durch wirklich leckeres Essen, guten Service und zivile Preise.

Plitvicer-Wasserfälle Kroatien

 

Plitvicer-Wasserfälle Kroatien

Nun geht wieder Richtung Heimat, d.h. zunächst Richtung Zagreb. In Karlovac folgen wir nach links einer Ausschilderung zu einem Autocamp, das 15 Kilometer entfernt und sehr schön am Fluss Mrežnica gelegen ist (21 Euro/Nacht). Es gibt einen Bootsverleih, nur bei dem regnerischen Wetter sind Bootstouren nicht so angesagt. Der Fluss mit seinem kristallklaren Wasser mäandert, hat kleine Gumpen mit Seerosen und Seegras und eine Mühle mit Mühlrad. Mit den Hunden machen wir einen schönen Abendspaziergang über die Brücke zur Ortschaft namens Slapic. Schade, dass wir nur eine Nacht eingeplant haben.

Kroatien Autocammp Slapic am Mreznica

Wieder in Slowenien

Schon bald sind wir am Grenzübergang nach Slowenien. In Novo Mesto legen wir an der alten Burg einen Stopp ein und lassen uns in der Pizzeria eine Forelle braten.

Novo Mesto Slowenien

Danach folgen wir der Landstraße durch eine reizvolle Landschaft mit Dörfern und Kirchen, die sehr spezielle Türme aufweisen, in Richtung Ljubljana. Kurz vor der Stadt biegen wir auf die Autobahn ab.

Slowenien

Österreich

Und dann sind wir auch schon bald in Österreich. Im Internet haben wir „Camping Drau-Fluss“ (29 Euro/Nacht) in der Ortschaft Spittal ausfindig gemacht
http://www.drauwirt.com/
Noch eine letzte laue Nacht an einem Flussufer, bevor wir uns morgen auf die letzte Etappe begeben. Es sind nur noch vier Stunden bis München.

Camping Drau Fluss Spittal Österreich

Unsere Gedanken kreisen immer noch um das Schicksal der Ex-Jugoslawien-Staaten. Wie war es nur möglich, die Ethnien und Religionen aufeinanderzuhetzen und das blockfreie Jugoslawien in Einzelstaaten zu zerlegen, so dass innerlandes viele neue Grenzen entstanden und sieben neue Nationalstaaten geschaffen wurden, in denen alle mehr oder weniger Verzweiflung über die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation herrscht? 2012 wurde die EU mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, für ihren für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa geleisteten Einsatz. Bravo, kann man da nur sagen!

Camper mit Hunden

 

Literatur:
Slowenien, Baedeker
Kroatien, Stefan Loose, Travel Handbücher
Bosnien und Herzegowina, Marko Plešnik Trescher Verlag, 2016

Ivo Andrić (1961 Literaturnobelpreis für Literatur) Die Brücke über die Drina, 1945
Měsa Selimović Der Derwisch und der Tod, 1966
Dubravka Ugrěsić, Die Kultur der Lüge, 1995
Peter Handke Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien, Suhrkamp1996.

Film
:

 "Es begann mit einer Lüge" - Doku über NATO-Einsatz in Jugoslawien, ARD 2001‬þ:
https://www.youtube.com/watch?v=MYcRjHX50og

 Der Film Marschall Titos Geist von Vinko Brešan (Berlinale 2000) wurde mit internationalen Preisen ausgezeichnet.

Eine Komödie:
Gott verhüte! - Liebet und vermehret Euch!
R: Vinko Brešan, 2013

Die Politgroteske Underground (1995) von dem aus Sarajevo stammenden Emir Kusturica beschäftigt sich bildgewaltig und mit großer Erzählwucht mit der Geschichte Jugoslawiens. Filme von Kusturica wurden mit der Goldenen Palme (Cannes), dem Silbernen Bären (Berlinale), Goldener Löwe (Venedig) und Goldener Globe ausgezeichnet.

Filme, die sich mit dem Irrsinn des Bosnienkrieges auseinandersetzen:

Esmas Geheimnis, Jasmila Žbanić (2006 Goldener Bär auf der Berlinale)

No Man's Land, Danis Tanović

Politik und Krieg:

Balkankrieg – Zehn Jahre Zerstörung Jugoslawiens
Hannes Hofbauer, ProMedia, Wien 2001 / 4. Auflage 2013

EUropa und das neoliberale Pilotprojekt Bosnien-Herzegowina
https://www.imi-online.de/download/Bosnien-Broschuere-Web.pdf

Le Monde Diplomatique
https://monde-diplomatique.de/artikel/!5508442
https://monde-diplomatique.de/artikel/!5508574

 

 

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