Italien - Apulien Nord                                            Angelika Gutsche

Reisebericht Juli 2011

Apuliens Norden: die Capitana
 

Auf dieser Entdeckungsreise durch Nordapulien, das auch die Bezeichnung Capitana trägt, besuchen wir zunächst nördlich von Bari an der Küste gelegene geschichtsträchtige Orte. Anschließend lassen wir den touristisch bestens erschlossenen Gargano außen vor, um stattdessen in der großen Ebene mit dem Namen Tavoliere sowohl auf den Spuren der alten Römer als auch der mittelalterlichen Staufer zu wandeln. Zur Abkühlung geht es in die Daunischen Berge, einem Ausläufer des Apennins.

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INHALT

01 Giovinazzo und sein Gran Cafè

02 Molfetta und ein bayerischer Heiliger

03 Das große Loch von Pulo

04 Bisceglie und ein frommer Segen

05 Dolmen und Grotten

06 Barletta: Kunst und Geschichte

07 Cannae di Battaglia: Hannibals Sieg

08 Canosa di Puglia – eine alte Griechenstadt

09 Über die Tavoliere in die Daunischen Bergen

10 Camping in den Daunischen Bergen

11 Kastelle, Römerbrücken und Pyrrhos-Siege

12 Römerstraßen und Meilensteine

13 Foggia, Residenzstadt Friedrich II.

14 Der Lago Pescara in den Daunischen Bergen

15 Lucera, Stadt der Sarazenen

16 Die Stadt Troia, eine Fahrt über die Tavoliere und weiter durch die Daunischen Berge

17 Kastell Fiorentino – Friedrichs Todesort

18 Bergdörfer, Trüffel und ein Koch in Dubai

Literatur

 

01 Giovinazzo und sein Gran Cafè
Von Bari kommend verlassen wir die Schnellstraße bei Santo Spirito und erreichen kurz darauf das an der adriatischen Küste gelegene Giovinazzo. Wir parken bei dem kleinen natürlichen Hafen, der sich bis zur Spitze der Landzunge erstreckt. Entlang des lungo mare spazieren wir zu dem im Jahre 1283 geweihten, weiß leuchtenden duomo und weiter durch die ihn umgebende Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen.

Apulien Giovinazzo

Die Stadt lag einst an der berühmten Via Traiana, die Rom mit Brindisi verband. Vier römische Meilensteine dieser antiken Straße sind als Säulen in das mittelalterliche Stadttor eingearbeitet. Dieser sogenannt Traiansbogen verbindet heute Alt- und Neustadt.

Apulien Giovinazzo Stadttor

Eigentlich möchten wir in dem kleinen Gran Cafè, das sich gegenüber der Kirche San Domenico auf der Piazza Vittorio Emanuele befindet, nur einen kleinen Imbiss nehmen. Doch dann entscheiden wir uns für das Tagesmenü. Diese Entscheidung war genau richtig: Als antipasto wird uns eine fantastische Büffelmozzarella serviert, gefolgt von einer köstlichen linguine-vongole-pasta. Als dolce kommen leckere Erdbeer-Creme-Törtchen auf den Tisch. Delizioso!

Apulien Giovinazzo Dom

Ein Verdauungsspaziergang über die große Piazza mit dem hübschen bronzenen Springbrunnen tut not. Wir werden Giovinazzo und vor allem sein Gran Cafè in bester Erinnerung behalten.

Apulien Giovinazzo Piazza

02 Molfetta und ein bayerischer Heiliger
Nun folgen wir der Landstraße in Richtung Molfetta. Bevor wir es erreichen, müssen wir in einem Olivenhain eine kleine Siesta einlegen. Das Mittagessen hat uns geschafft.

In Molfetta suchen wir uns am Hafen einen Parkplatz. Auf dem Weg zum mächtigen, direkt ans Meer gebauten duomo vecchio San Corrado passieren wir den Palazzo Seminario (18. Jh.) und den Bischofspalast.

Apulien Molfetta Hafen

Die Bauzeit des  duomo vecchio erstreckte sich von der Mitte des 12. Jh. bis ins 13. Jh. Beeindruckt der Sakralbau schon von außen durch seine zwei Glockentürme, durch die in unterschiedlicher Höhe angebrachten Kuppeln und durch die bizarren Köpfe und Fabelwesen, die seine Fassade schmücken, so wird dieser Eindruck beim Blick ins Innere noch weit übertroffen. Es öffnet sich ein klar gegliederter, heller, schmuckloser, romanischer Bau mit byzantinischen Anteilen – so sind beispielsweise Beschriftungen in griechischer Schrift ausgeführt – aber auch mit arabischen Elementen: Das Weihwasserbecken wird von einem Sarazenen gehalten. Wunderschön sind auch die Säulenkapitelle mit ihren figürlichen Motiven.

Apulien Molfetta Kathedrale

Geweiht ist die Kirche einem Bayern, dem heiligen Konrad. Der ehemalige Zisterzienser-Mönch, für den der duomo vecchio errichtet wurde, ist der Stadtheilige von Molfetta und seine Reliquie wird einmal im Jahr in einer feierlichen Prozession durch die Stadt getragen.

Apulien Molfetta

Seine Gebeine werden aber nicht mehr hier in seinem duomo aufbewahrt, sondern in einem kostbar gearbeiteten Schrein in der am corso gelegenen Kathedrale Santa Maria Assunta, deren hohe Barockfassade man schon von weitem erblickt. Die Kirche wurde im 17. Jahrhundert erbaut und gehörte bis 1773 den Jesuiten. Im Jahre 1785 wurde Molfetta Bischofssitz und ist es bis heute geblieben. Im Inneren der Kirche werden wir von sakralen Gesängen empfangen. In Rot und Weiß gekleidete Geistliche, die sich innerhalb des runden, geschnitzten Chorgestühls aufgestellt haben, singen Choräle.

Apulien Molfetta Kath.S.Maria Assunta

Auf dem Rückweg in die Altstadt kommen wir am Standbild des Revolutionärs und Freimaurers Giuseppe Mazzini (1805 – 1872) vorbei, das den corso schmückt. Mazzini setzte sich unter dem Motto „Freiheit – Einheit – Humanität“ für ein demokratisches „Europa der Völker“ ein und wird als der erste echte Europäer angesehen. Was würde er wohl zu dem heutigen Europa des traurigen Euro-Geschachers sagen?

Apulien  Molfetta Standbild Mazzini

Nach einem abschließenden Spaziergang durch die engen Gassen der Altstadt, deren Häuser teilweise dem Verfall preisgegeben sind, verlassen wir Molfetta in Richtung Pulo.

03 Das große Loch von Pulo
Etwas außerhalb der Stadt Molfetta liegt die steinzeitliche Siedlung Pulo di Molfetta. Es ist schon fast 18 Uhr und die beiden jungen Frauen, die hier Dienst tun, wollen den Zugang zum  Gelände gerade abschließen. Wir können sie doch noch zu einer letzten Führung überreden. Bei dem Pulo handelt es sich im Prinzip um eine große Grube, an deren Steilhängen bereits in der Jungsteinzeit Menschen siedelten. Im Pulo hat sich eine beeindruckende Naturwelt mit speziellem Pflanzenwuchs und geschützten Tierarten erhalten. Ein Falkenpaar kreist während unseres gesamten Spaziergangs beobachtend über unseren Köpfen. Es finden sich auch noch die Überreste einer einst von den Bourbonen hier gebauten Schießpulverfabrik und oberhalb des Pulo erhebt sich ein altes Kapuzinerkloster.

Apulien Pulo di Molfetta

Für die Nacht suchen wir in den Olivenhainen einen Stellplatz. Als wir an einem aufgelassenen Haus halten, macht Wolfi einen kleinen Rundgang und springt dann zurück ins Auto. Alles gute Zureden hilft nichts: Er weigert sich, hier auszusteigen! Wenn Wolfi diesen Platz so vehement ablehnt, dann will ich auch nicht hier bleiben. Darüber murrend, dass jetzt wohl Wolfi unsere Lagerplätze bestimmt, macht sich Hellmut auf die Suche nach einer besseren Bleibe für die Nacht. Und schon bald werden wir fündig…

04 Bisceglie und ein frommer Segen
Am nächsten Morgen fahren wir nach Bisceglie und parken beim Normannen-Kastell, das ziemlich verwahrlost wirkt und verschlossen ist. Vorbei am Torre Normanne und dem Fisch- und Gemüsemarkt spazieren wir durch die mittelalterliche Altstadt zur Kathedrale San Pietro. Bisceglie ist ein durch und durch süditalienisches Städtchen, voller Leben und noch nicht vom Tourismus überrollt. Im Innern der Kathedrale wurde die Barockisierung weitgehend rückgängig gemacht, so dass sich die romanische Klarheit des Bauwerks wieder durchsetzen konnte. Sehr schön ist die Krypta, in der die Märtyrer Markus, Sergius und Pantaleo beigesetzt sind. Die acht zierlichen Granitsäulen sind mit Kapitellen geschmückt.

Apulien  Bisceglie Kathedrale
Apulien  Bisceglie Kathedrale Krypta

Der anschließende Spaziergang durch die Altstadt führt uns zur kommunalen Bibliothek. Am Hofeingang stehen zwei Mönche und segnen die Vorbeigehenden mit Weihwasser. Auch wir werden bedacht und sogar der erschrockene Wolfi bekommt sein Weihwasser ab. Die beiden Mönche sind lustige Gesellen und biegen sich vor Lachen.

Apulien Bisceglie Einkauf

Im ersten Stock des Gebäudes ist die Bibliothek untergebracht. Dort kann man sich für den Besuch des im zweiten Stock gelegenen Archäologischen Museums anmelden. Ein junger Mann führt mich durch die Räume der wirklich sehenswerten Sammlung. Fundstücke aus der Grotta di Groce und vom Dolmen von Chianca wie zum Beispiel Scherben mit Verzierungen aus neolithischer Zeit sind hier ausgestellt. Als mein Führer einen Anruf bekommt teilt er mir mit, er müsse jetzt leider weg. Ich soll mir nur alles in Ruhe ansehen und wenn ich gehe, einfach die Türe hinter mir zumachen…

Apulien Bisceglie Museum

Nun wollen wir die zu den Fundstücken gehörigen Ausgrabungen besuchen. Vorher versorgen wir uns mit frischem Obst und Gemüse. Egal um was es sich handelt, Pfirsiche, Tomaten oder Aprikosen: Ein Kilogramm kostet immer einen Euro.

05 Dolmen und Grotten
Nun folgen wir der Straße Richtung Corato/Ruovo. Schon bald ist links durch die Olivenhaine der Dolmen von Chianca ausgeschildert. Dieser Dolmen aus dem 2. Jt.v.Chr. zählt zu den best erhaltenen Apuliens. Die Toten wurden in Embryonalhaltung und mit verschiedenen Grabbeigaben – die wir gerade im Museum von Bisceglie bewundert haben – bestattet.

Apulien Dolmen von Chianca

Weiter folgen wir der Ausschilderung zur Grotta di Groce mit Funden aus der frühen Steinzeit. Doch leider sind in der grotta gerade Archäologen tätig, das Gelände ist abgesperrt und uns wird der Zugang verwehrt. Schade!

06 Barletta: Kunst und Geschichte
Die Stadt Barletta, die wir am nächsten Morgen besuchen, wartet mit einem wunderbaren Kastell auf, in dem im Jahre 1228 Kaiser Friedrich II. vor seinem Kreuzzug einen großen Hoftag abhielt. Zuerst besuchen wir die in der Festung untergebrachte Pinakothek mit Werken verschiedener Meister. Anschließend gelangt man über ein kleines Museum und eine Pferderampe auf die obere Burgterrasse mit Blick auf die Stadt, bevor es hinunter in die tiefsten, recht unheimlichen Gewölbe des Kastells geht. Vor dem Ausgang verbirgt sich in einem kleinen Raum hinter einer Glastür eine Büste Friedrichs.

Apulien Barletta Kastell

Vor dem Kastell erstreckt sich eine kleine Grünanlage bis zur Altstadt, durch die wir zunächst zum Dom Santa Maria Maggiore und seinem campanile spazieren. Der Bau wurde schon 1140 begonnen, aber erst 1267 geweiht. Etliche wundersame Gestalten schmücken die Kirche außen und die Kapitelle im Inneren. An einem äußeren Fries ist eine Frauengestalt dargestellt, die durch ihre in die Höhe gestreckten Beine schaut und dabei den blanken Popo darbietet. Im Inneren finden sich Kreuzrippengewölbe, antike Granitsäulen, eine Kanzel aus dem Jahre 1267 und ein wunderbares Ziborium, ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert.

Apulien  Barletta Kathedrale

Auf unserem Spaziergang durch die Altstadt passieren wir die Cantina della Disfida. Das Kellergewölbe in diesem gotischen Haus ist mittelalterlich eingerichtet. Im barocken Palazzo della Marra ist die ansprechend gestaltete Pinakothek mit Gemälden von Giuseppe De Nittis (1846 – 1884), Maler des Impressionismus und berühmter Sohn der Stadt, untergebracht. Ein ganzes Stockwerk ist der Ausstellung „Italienische Maler des 18. und 19. Jahrhunderts sehen den Orient“ gewidmet.

Apulien Barletta Kathedrale

Eine Fotografin ist hier tätig und lichtet Bilder der Ausstellung ab. Ich muss jetzt einfach wissen, wie am Wochenende das italienische Referendum über den Bau von Atomkraftwerken, die Privatisierung des Wassers und die Unabhängigkeit der Justiz ausgegangen ist. Die Fotografin strahlt mich an: „Wir haben gewonnen!“ – „Keine AKWs in Italien?“, frage ich zurück und frage mich auch, wieso sie mich automatisch als Gesinnungsgenossin einstuft. – „Nein, keine Nuklearanlagen in Italien! Und keine Privatisierung des Wassers! Und keine Sondergesetze für Berlusconi!“ Und jetzt strahlen wir uns beide an. Der später gekauften Zeitung entnehme ich, dass zwischen 94 und 97 Prozent der Italiener gegen all diese Vorhaben der Regierung Berlusconi gestimmt haben. Die Wahlbeteiligung lag bei 57 Prozent und somit ist der Ausgang des Referendums rechtsverbindlich. Also deshalb wurde gestern Abend auf den Straßen der Stadt gefeiert.

70 Barletta Kathedrale

Der weitere Weg durch die Altstadt führt uns zum Corso Vittorio Emanuele, zum berühmten Koloss von Barletta: ein über fünf Meter hohes Bronzestandbild aus byzantinischer Zeit, das wohl einen römischen Kaiser des 4. oder 5. Jh. darstellt, wobei die Vermutungen, um welchen Herrscher es sich handeln könnte, auseinandergehen. Hinter dem Koloss erstreckt sich die Kirche San Sepolcro, deren romanischer Bau im 13. Jahrhundert durch einen gotischen ersetzt wurde. Über der Vorhalle im Inneren befindet sich eine Kapelle, die einst einen Zugang zum angebauten Hospital hatte. Etwas weiter stoßen wir auf das sehr hübsche Städtische Theater aus dem 19. Jahrhundert.

Apulien Barletta Koloss

Die Kirche Sant’Andrea können wir leider nicht besichtigen, weil wir die darin gerade stattfindende Hochzeit nicht stören wollen. Von den traurigen Überresten des barocken Stadttors Porta Marina sind wir ebenso enttäuscht wie davon, dass sich keine Überreste von Kirche und Hospital der Deutschordenritter mehr finden.

07 Cannae di Battaglia: Hannibals Sieg
Der nächste Tag bringt uns noch weiter zurück in die Geschichte. Wir besichtigen die Ruinenstadt Cannae di Battaglia mit römischen Grabsteinen und Meilensteinen von der Via Traiana. Außerdem finden sich auf dem Ausgrabungshügel Reste eines normannisch-staufischen Kastells und zweier Basiliken. Im Mittelalter war Cannae di Battaglia Bischofssitz. Die Nekropole der Stadt ist leider schon wieder von Unkraut überwuchert. Doch das kleine, den Ausgrabungen angegliederte Museum beherbergt interessante Exponate.

Apulien Cannae  di Battaglia

Wirklich bekannt ist Cannae di Battaglia jedoch als Aufmarschgebiet für eine der berühmtesten Schlachten der Weltgeschichte. Hier in der Ofanto-Ebene, auf die man einen wunderbaren Ausblick vom Ausgrabungsgelände genießt, besiegte am 2. August 216 v.Chr. das Heer Hannibals die römischen Legionen. Hannibals Schlachtordnung, die zu einer Umzingelung der Römer und zu deren anschließenden Niedermetzelung führte, ging in die Militärgeschichte ein.

Apulien Cannae  - Blick auf Ofanto-Ebene

08 Canosa di Puglia – eine alte Griechenstadt
Unser nächstes Ziel ist Canosa di Puglia, eine Stadt mit einer interessanten Geschichte. Der Grieche Diomedes soll die Stadt unter dem Namen Kanousion gegründet haben. So finden sich Reste einer Stadtmauer aus dem 4. Jh.v.Chr. Im 2. Jh. entwickelte sich Canosa zu einer wichtigen Stadt an der Via Traiana, im Jahre 318 wurde es römische Garnisonsstadt. Aus dieser Zeit finden sich noch heute ein Triumphbogen und eine altrömische Brücke. Die Normannen erweiterten im 11. Jahrhundert das Kastell und bauten die Kathedrale San Sabino. Später war die Stadt dem Staufer Friederich II. stets treu ergeben und hielt auch gegen die römischen Päpste zu ihm. In den späteren Jahren beherrschten verschiedene Adelsgeschlechter die Stadt, auch die Spanier übten hier ihre Herrschaft aus. Mehrere Erdbeben richteten große Verwüstungen an.

Apulien Canosa Stadtpark

Unser erster Weg führt zur Kathedrale San Sabino, der einzige Kathedrale in ganz Apulien, die fünf Kuppeln aufzuweisen hat. Im Innern finden sich ein wunderschön gearbeiteter Bischofsthron und die älteste Marmorkanzel Apuliens, deren Lesepult ein großer, sehr plastisch wirkender Adler ziert. Im rechten Seitenschiff ist die 1111 gefertigte Bronzetüre des Grabmals von Bohemund I. (1051–1111), dem ältesten Sohn Robert Guiskards, aufgestellt. Bohemund war ein sehr kriegerischer Herrscher, dem während eines Kreuzzugs auch die Einnahme von Antiochia gelang. Die arabische Kultur muss ihn beeindruckt haben, denn sein Grabmal – es findet sich außerhalb an die Kirche angebaut – ist nach dem Vorbild syrischer Grabdenkmäler entstanden: ein Kubus mit Tambour und runder Kuppel. Und auch die Bronzetür weist arabische Reliefs, kufische Schriften und arabische Scheiben-Muster auf.
Die Krypta mit den Gebeinen des Hl. Sabinus ist leider nicht zugänglich.

Apulien Canosa Kathedrale Bronzetür

Nach einem kleinen Fußmarsch erreichen wir das interessante Ipogei Lagrasta, ein Hypogäum mit griechisch-makedonischen Grabkammern aus dem 3. und 4. Jh.v.Chr. Es fanden sich darin vergoldete Bronzebetten und wertvolle Grabbeigaben, die heute im Archäologischen Nationalmuseum von Taranto aufbewahrt werden. Lange blieb Canosa seinen griechischen Wurzeln verbunden: Noch im 1. Jh. n. Ch. sprach man griechisch und prägte griechisch beschriftete Münzen.

Apulien Canosa Hypogäum

Als letztes erklimmen wir den Hügel, auf dem sich die spärlichen Überreste des Kastells befinden, das über der griechischen Akropolis errichtet worden war. Von hier hat man einen schönen Blick über die Ebene bis zum Gargano und in die Berge der Basilicata.

09 Über die Tavoliere in die Daunischen Bergen
Nachdem wir Canosa verlassen haben, durchqueren wir in nordwestlicher Richtung die weite, fast kreisrunde Ebene der Tavoliere: goldgelbe Weizenfelder soweit das Auge reicht! Vorbei an Cerignola und Ordona fahren wir weiter Richtung Bovino. Wir erreichen die Daunischen Berge, Ausläufer des Apennin, und können erstmals an Brunnen unsere Wasserflaschen mit  frischem Bergquellwasser füllen.

Apulien bei Bovino

Nahe des Städtchens Bovino, dass auf einer Flanke des Monte Crispiano (1105 m) auf 647 m Höhe liegt, finden wir auf einer Almwiese einen Standplatz für die Nacht. Hinter uns befindet sich ein kleines Gehöft, auf dem ein alter Bauernhirte mit Schafen, Kühen und Hunden lebt. Für die Übernachtung lässt er sich nichts bezahlen, er möchte aber gerne morgen früh mit uns nach Bovino fahren. Kein Problem.

Apulien bei Bovino

Abends genießen wir bei einem Glas Wein die wunderbare Bergkulisse. Immer mehr Glühwürmchen knipsen ihre Lichter an und tanzen auf der Almwiese Ballett. Zikaden geben dazu ein lautstarkes Konzert. Molto romantico!

Apulien  Bovino Kathedrale

Der Hirte, er heißt Alberto, bringt uns am nächsten Morgen zum Frühstück eine Schüssel frisch gepflückter Kirschen. Dann macht er sich schick für die Stadtfahrt. Wir erkennen ihn kaum wieder! Schnell sind wir im Ort und jeder geht seinen Geschäften nach. Wir verabreden uns für elf Uhr in der Bar. Unser Weg führt durch das entzückende Städtchen Bonino hinauf zum Kastell, dem Palazzo Ducale. Der Bau wurde von Drogo von Hauteville, Graf von Apulien († 1051), ausgeführt, von Friedrich II. erweitert und bis heute immer wieder umgebaut. Wie wir einer Tafel entnehmen, hat der Palazzo schon so illustre Gäste wie Torquato Tasso, Maria Theresia von Österreich und Papst Benedikt XIII. beherbergt. Das Diözisan-Museum öffnet nur nachmittags an drei Tagen die Woche. Den verwunschen wirkenden Burghof mit den vielen im Gemäuer nistenden Dohlen verlassen wir durch einen hinteren Durchgang, der in den alten Stadtteil führt. Hier sind wir schon fast auf der idyllischen piazzola mit dem Dom Santa Maria Assunta, dessen Nebenkapelle aus der einst eigenständigen San-Marco-Kirche (1197) besteht.

 

Apulien Bovino Kastell

10 Camping in den Daunischen Bergen
Nachdem wir uns mit Alberto in der Bar getroffen und ihn auf seine Alm zurückgebracht haben, folgen wir der kleinen Straße mit wunderschönen Ausblicken auf die Tavoliere in den Ort Deliceto. Zu Fuß machen wir uns auf von der Piazza auf zur alles beherrschenden Festung, die wir leider verschlossen vorfinden. So erledigen wir im Ort nur noch ein paar Einkäufe, bevor wir weiter Richtung Accadia fahren.

Apulien Deliceto

Die Landschaft ist wunderschön, doch wird das Bergwaldgebiet rauer. Auf den Bergrücken finden sich viele Windränder. Apulien hat dank seines Präsidenten Nichi Vendola und dessen ökologischem Anspruch den höchsten Anteil an Alternativstrom in ganz Italien. Wir suchen einen Lagerplatz und endlich geht rechts eine kleine Straße ab. Wir befinden uns auf einer großen Lichtung mit Picknickplatz, einer wohl schon seit längerem geschlossenen Jugendherberge und wenigen Ruinen aus römischer Zeit. Auf den Bergrücken (Tremonte, Titoli 1030 m) sind Windräder aufgestellt. Ecco! Hier bleiben wir! (B 41°10’44’’ / O 15°21’37’’)

Abends kommen Ziegen und Schafe mit zwei Hütehunden an uns vorbei, eine Viertelstunde später folgen die Kühe mit zwei ragazzi, die uns freundlich grüßen. Bald schon zieht der Mond wie ein orange leuchtendes Lampion langsam seine Bahn über das Firmament. Der Mann im Mond blinzelt uns zu.

Apulien bei Delicato

Schon früh werden wir von Kuhglocken geweckt. Zuerst ignorieren wir das Geräusch, doch als etwas fest gegen das Auto trommelt, stehen wir doch auf. Es sind Kuhschwänze, die gegen das Autoblech schlagen. Ziegen, Schafen und Kühe umstehen den Camper und käuen wieder. Das ist Neugierde pur!

Nach dem Frühstück, die Herde ist inzwischen weiter gewandert, spazieren wir zur ausgeschilderten Quelle und steigen durch den Eichenwald bergan Richtung Gipfel. Die Kühe sind hier wirklich gut dran: Sie spazieren den ganzen Tag durch den Bergwald und überall gibt es herrlich frisches Quellwasser. Das Näherkommen der  Kuhherde kündigen vorab Schwärme von Fliegen an, die die Tiere begleiten. Empfinden Kühe Fliegen genauso lästig wie wir?

11 Kastelle, Römerbrücken und Pyrrhos-Siege
Über Sant’Agata di Puglia und Rocchetta Sant’Antonio mit ihren normannisch-staufischen Burgen fahren wir nach Ascoli Satriano. Vor dem Ort führt eine noch original erhaltene Römerbrücke aus dem 1. Jh. über das Flüsschen Carapelle. Hier fand eine weitere wichtige Schlacht des Altertums statt: Pyrrhos I. von Tarent trug an dieser Stelle den nach ihm benannten Sieg gegen die Römer davon.

Apulien Ascolti Satriano Römerbrücke

Doch sind wir nicht wenig entsetzt, als ein dreiachsiger Schwerlaster über diese altehrwürdige Brücke donnert und gleich ein Stück Ziegel mitnimmt, kurz danach gefolgt von einem zweiten Lkw. Wir sind sprachlos! Statt auf der gut ausgebauten Abfahrt von der superstrada in die Stadt zu fahren, nimmt auch der Schwerlastverkehr die Abkürzung über die altrömische Brücke.

Apulien Ascolti Satriano Römerbrücke

In Ascoli Satriano ist gerade Markt, was wir für einen Einkauf nutzen. Im wohl neu eingerichteten und ansprechend gestalteten Archäologischen und Diözesanmuseum, dem „Polo Museale“, scheuchen wir erst mal alle Mitarbeiter auf. Auf Besucher waren sie hier wohl gerade nicht gefasst, doch man begegnet uns mit großer Freundlichkeit und freut sich über unser Interesse. Das Museum beinhaltet neben römischen Exponaten auch Funde aus daunischer Zeit. Die Daunier siedelten im Norden Apuliens und gehörten zum Stamm der Japygier. Diese wiederum waren Illyrer, die ab dem 2. Jt.v.Chr. aus dem Gebiet des heutigen Albanien über die Adria kamen. Von ihnen leitet sich auch der Name Apulien ab: Aus Iapygia wurde Apudia und schließlich Apulia/Puglia. Von der iapygischen Kultur sind uns Reste bunter Keramiken und Stelen mit Menschendarstellungen überliefert.
Der etwas oberhalb der Stadt liegende Parco archeologico ist geschlossen und von Unkraut überwuchert. Schade, die Ankündigung im Prospekt war vielversprechend.

12 Römerstraßen und Meilensteine
Zurück Richtung Deliceto finden wir etwas unterhalb unseres alten Campplatzes einen neuen Standplatz für die Nacht. Von hier führt ein Wanderweg zum Sacone nouvo und zur Fontana di lago. Gerade recht für einen kleinen Abendspaziergang. Fontana di lago entpuppt sich als ein im Wald gelegener Viehbrunnen, umgeben von einer großen Schlammpfütze.

Dafür entwickelt sich der Spaziergang am nächsten Morgen, der neben dem casone vorbeiführt, zum echten Hit. Der Weg wird schon nach kurzer Zeit zu einer alten, am Hang entlang angelegten Römerstraße. Die alte Pflasterung ist noch vorhanden und es findet sich sogar ein Meilenstein!

Apulien bei Deliceto

Für die Weiterfahrt nehmen wir die alte Straße, die Accridia und Bovino verbindet, und an der sich immer wieder antike Mauerreste finden. Ein starker Wind bewegt wellenförmig das reife Korn auf den Hängen. Ständig wechselnde Muster in verschiedenen Gelbschattierungen werden in die Landschaft gezeichnet. Wunderschön!

Apulien bei Accridia - Bovino

Von Bovino aus nehmen wir die SS 90 Richtung Foggia. Die Straße, an deren Seite sich immer wieder alte Meilensteine finden, führt mitten durch die Tavoliere: plattes Land mit gelb wogenden Getreidefeldern so weit das Auge reicht! Es herrscht flirrende Hitze und es ist Erntezeit: Immer wieder kreuzen Mähdrescher unseren Weg.

13 Foggia, Residenzstadt Friedrich II.
Endlich erreichen wir Foggia und denken, wir sind in little Napoli gelandet, denn auch hier scheint es ein größeres Müllproblem zu geben. Am Stadtrand wirbelt der Wind alte Kartons und Plastiktüten durch die Straßen. Wir folgen der Ausschilderung centro. Doch plötzlich sind alle in die Innenstadt führenden Straßen gesperrt, weil Foggia heute den „Tag der Umwelt“ feiert und im Zentrum nur Radler und Fußgänger erlaubt sind. Brav parken wir unser Auto und machen uns von der Villa comunale aus auf den Weg zur Piazza Via Lanza. Hier befindet sich das Denkmal für den bedeutendsten Sohn der Stadt, den Komponisten Umberto Giordano (1867–1948). Statuen stellen verschiedene Figuren aus seinen Opern dar. Nun müssen wir unseren ersten Eindruck revidieren: Foggia ist doch nicht Napoli, sondern entpuppt sich als charmantes Städtchen mit vielen Geschäften, Bars und Restaurants.

Apulien Foggia Giordano-Denkmal

Leider finden sich in der Stadt nur kümmerliche Spuren der Staufer. Foggia war die wichtigste Residenzstadt Friedrich II. und war als Hauptstadt des Kaiserreichs ausersehen. Doch verbündete sich die Stadt bei Streitigkeiten zwischen Friedrich und dem Papst mit dem Papst und verwehrte Friedrich den Zutritt. Dies bestrafte er mit der Schleifung ihrer Mauern. Die Stadt wurde wieder aufgebaut, doch durch das schwere Erdbeben von 1731 wiederum schwer in Mitleidenschaft gezogen. Später erhob sie Joseph Bonaparte zur Provinzhauptstadt und sie wurde Bischofssitz. Im Zweiten Weltkrieg diente Foggia als Luftwaffenstützpunkt, was ihre erneute Zerstörung durch die Alliierten zur Folge hatte.

Die Kathedrale Santa Maria Icona Vetere ist so stark eingerüstet und mit Tüchern verhängt, dass sich auch nicht das kleinste Fetzelchen eines Blickes auf sie erhaschen lässt. Natürlich gibt es auch keinen Zugang. In dieser Kirche wurde bis zum Erdbeben im Jahre 1731 das Herz Friedrich II. in einer silbernen Kapsel aufbewahrt. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, was danach mit dem Herzen geschah. Der Leichnam Friedrichs wurde in Palermo beigesetzt.

Die weitere Suche nach Resten des staufischen Foggia endet an der Piazza Nigri, wo sich vom alten Kaiserpalast nur ein kümmerlicher Teil des Portals mit einer Inschrift erhalten hat. Das Museo Civico mit seiner archäologischen Sammlung hat leider geschlossen.

Apulien Foggia Palastportal

Wir nehmen in einer hübschen Bar einen kleinen Imbiss. Hier unten in der Tavoliere zeigt das Thermometer schon fast 40 Grad und so verlassen wir, auf Abkühlung hoffend, die Stadt Richtung Daunische Berge.

Apulien Foggia

14 Der Lago Pescara in den Daunischen Bergen
Nach dem Ort Biccari fahren wir hinauf in die Berge Richtung Monte Cornaccio (1151 m). Wir befinden uns in einem Naturschutzgebiet und in einer Zona di raccolta di tartuffo – super, Trüffel liebe ich! Durch Eichen- und Nadelwälder geht es hinauf zum Lago Pescara. Ein Wanderweg führt um den kleinen, idyllisch gelegenen Waldsee, der zum Baden leider nicht geeignet ist. Eine italienische Großfamilie macht hier Picknick. Wegen des starken Windes haben sie die Bierbänke auf die Ladefläche ihres Lkws gestellt. Dazu gibt’s italienische Musik aus dem Autoradio. Als abends die Familie abfährt, bleiben wir hier oben alleine zurück, genießen die frische Bergluft, den Panoramablick hinunter in die Tavoliere mit ihren vielen Lichtern und das laute Quaken der Frösche im Lago Pescara.

Apulien Lago Pescara

15 Lucera, Stadt der Sarazenen
Morgens verlassen wir unseren Adlersitz und begeben uns hinunter in die Ebene, um die ehemalige Sarazenenstadt Lucera zu besuchen. Friedrich II. siedelte hier in der ersten Hälfte des 13. Jh. seine geschätzten 16.000 bis 60.000 sarazenischen Kämpfer und Gefolgsleute an und gestattete sogar den Bau von Moscheen. Die Stadt wurde zur Luceria Saracenorum. Dies erfreute den Papst in Rom überhaupt nicht und trug weiter zu dem schlechten Verhältnis zwischen Papst und Kaiser bei. Nach dem Tod Friedrichs waren die Sarazenen auch seinem Sohn Konradin treu ergeben und standen ihm im Kampf gegen die Franzosen bei. Doch konnten auch sie seine Niederlage nicht verhindern. Nachdem Lucera gefallen war, wurde die Stadt zerstört, die Sarazenen massakriert und die Geliebte König Konrad IV. und deren Sohn, die sich beide in der Burg aufhielten, gehängt.

Apulien Lucera Kastell

Wir parken im Zentrum und machen uns auf den Weg zum Dom, der auf den Trümmern der im Jahre 1300 zerstörten Moschee errichtet wurde. Es handelt sich um eine der wenigen französisch-gotischen Kirchen aus dem frühen 14. Jahrhundert mit einem romanischen Hauptaltar: Die Steinplatte, die von sechs kleine Säulen getragen wird, diente einst im Staufer-Kastell Fiorentino, dem Sterbeort Friedrichs II., als Tisch.

Apulien Lucera Dom

Zurück in der Altstadt von Lucera folgen wir dem Gassengewirr und kaufen auf dem Markt ein. Wir erreichen die San-Francesco-Kirche, eine Saalkirche der Deutschordensritter aus dem 13. Jh.

Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zum Kastell. Mächtig und beeindruckend liegt es auf einem Hügel am Rande der Stadt. In den Trümmern einer Normannenburg errichtete Friedrich II. dieses Turmkastell mit seiner mächtigen Mauer. Doch wie groß ist unsere Enttäuschung als das Kastell geschlossen hat, da Montag ist. Zurück in der Altstadt möchten wir das in einem hübschen Palazzo untergebrachte Städtische Museum besuchen, doch auch das ist montags geschlossen. Und zu guter Letzt ist uns auch der Besuch des römischen Amphitheaters verwehrt. Es bleibt nur der Blick durch den Maschendrahtzaun auf die ellipsenförmige Anlage. Da bleibt uns als Trost nur der Besuch eines gemütlichen ristorantes. Obwohl uns Lucera nicht alle seine Schätze und Orte offenbart hat, finden wir das beschauliche Städtchen sehr charmant!

Apulien Lucera Dom

Wieder flüchten wir vor der Hitze auf der Tavoliere zurück in die Berge, über Biccari zum Lago Pescara. Noch ein kleiner Abendspaziergang entlang des Sees. Genau unter dem Schild „Angeln verboten“ wirft ein Mann seine Angel aus. Wir begegnen einem Schweinezüchter, der eine kleine Herde dunkler Wildschweinchen in ihren Pferch treibt. Die kühle Höhenluft verspricht eine angenehme Nacht.

Apulien Lago Pescara

16 Die Stadt Troia, eine Fahrt über die Tavoliere und weiter durch die Daunischen Berge
Am nächsten Morgen wiederum eine Fahrt durch die Tavaliere zu dem auf einem Hügel gelegene Troia. In der Altstadt besuchen wir die Kathedrale Santa Maria Assunta. Ihre durchbrochene Fensterrosette ist wunderschön und auch das Hauptportal von 1119 und die Bronzetür rechter Hand (1127) beeindrucken. Man sollte den Dom umrunden, um von außen einen Blick auf die wunderbar gearbeitete Apsis zu werfen. An dieser Stelle sei ein ausdrücklicher Dank an Ekkehard Rotter ausgesprochen, dessen unverzichtbarer Apulien-Führer (Dumont-Kunstreiseführer) uns stets aufs Beste über alle besuchten Sehenswürdigkeiten unterrichtet.

Apulien Troia Kathedrale

Gegenüber dem Dom befindet sich ein kleines Fremdenverkehrsbüro. Zwei ragazzi informieren freundlich sowohl über regionale Agrarprodukte als auch über die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Von den drei Museen ist eines ganz geschlossen, eines nur zweimal wöchentlich nachmittags geöffnet und das dritte, das Museo civico, ja das könnten wir jetzt besuchen. Andiamo!

Apulien Troia Kathedrale Bronzetür

Das museo befindet sich in einem Palazzo und der Zugang ist etwas abenteuerlich. Nachdem wir an einer Haustüre geklingelt haben, holt uns eine freundliche Dame ab und führt uns durch den Hof. Dann marschieren wir durch das örtliche Polizeirevier, bevor wir steile Treppen in den Keller des Gebäudes hinab steigen. Doch der Weg lohnt sich: Im Museum sind Exponate aus der Frühzeit und aus daunischen Zeiten zu bewundern, aber auch Meilensteine von der Via Traiana und sogar ein ganzes Stück der alten Pflasterung dieser Straße, die einst durch Troia führte, sind ausgestellt.

Apulien Troia Museo Civico Meilenstein V.Traiana

Nun noch ein kurzer Besuch in der frühromanischen Kirche S. Basilio. Erwähnung findet sie zum ersten Mal 1087, doch dürfte sie schon früher erbaut worden sein. Im Inneren dieser Kirche wird mir nachdrücklich bewusst, wie viele Bauelemente antiker Tempel für den christlichen Kirchenbau übernommen wurden: Säulen, Kapitelle, Opfertisch. Das Christentum hat sich nicht neu erfunden, weder in seinen Kulten noch in seiner Architektur.

Apulien Troia Kirche S.Basilio

Hellmut beschließt, zum Friseur zu gehen. Er verlässt den Beauty-Salon bartlos, mit gesprayter Lockenpracht und duftend wie ein Iltis. Da ist ein Capuccino fällig.

Nicht weit außerhalb der Stadt stoßen wir auf eine cantina, in der wir Wein einkaufen wollen. Dabei bleibt es nicht: Es wird dort auch Honig, Walnuss-Paste,  paste di olive, Rotweinessig und vieles mehr angeboten  – alles aus Bio-Anbau und so lecker!

17 Kastell Fiorentino – Friedrichs Todesort
Es folgt bei brütender Hitze eine wunderbare Fahrt durch die golden wogenden Kornfelder der Tavoliere zu dem etwa zwanzig Kilometer entfernten Kastell Fiorentino. Auf einem Hügelplateau liegt das ehemalige kaiserliche Anwesen, in dem sich Friedrich II. gerne während seiner Jagdausflüge aufhielt und in dem er am 13. Dezember 1250 kurz vor seinem 56. Geburtstag an der Ruhr starb. Sein Sohn Manfred war bei ihm, der Erzbischof von Palermo, sein Leibarzt und einige andere. Hier verfasste er sein Testament, teilte seine Besitztümer auf und verließ diese Welt in dem trügerischen Glauben an eine gesicherte Staufer-Zukunft.

Apulien Castel Fiorentino

Uns zieht dieser Ort, an dem wir heute die einzigen Besucher sind, in seinen Bann. Spärlich sind die Überbleibsel, doch sind die Grundmauern der Zimmer gut zu erkennen. Jeder Stein hier atmet Staufer-Geschichte. Reste des Kamins, geheizt an Friedrichs Todestag im kalten Dezember, lassen ein Bild erscheinen: Friedrich, wie er nicht mehr hochherrschaftlich, sondern schwach und fiebernd in eine weiße Zisterzienserkutte gehüllt, auf federgefülltes Linnen gebettet, von Düsternis und Trauer umgeben.  Ein großer Mensch und Herrscher, grausam und klug, findet sein Ende.

An einer eingangs angebrachten Gedenksäule ist zu lesen: „13.12.1250 Fiorentino - Um diese Zeit aber starb Friedrich der Große unter den Fürsten der Erde das Staunen der Welt und ihr wunderbarer Wandler“.

Apulien Castel Fiorentino Gedenksäule

Der Blick schweift über die weite Landschaft, während wir über den tragischen Untergang der Staufer nachdenken, den Friedrich nicht mehr erleben musste. Wir hatten nicht erwartet, dass uns dieser Ort, von dessen Ruinen wir uns wenig versprochen hatten, so bewegt. Doch nirgendwo sonst fand sich ein emotionalerer Zugang zum Stauferkaiser als hier.

18 Bergdörfer, Trüffel und ein Koch in Dubai
Es ist Nachmittag und wieder wird die Hitze unerträglich, so dass wir beschließen, uns in höhere Lagen zu flüchten und eine Spazierfahrt durch die Daunischen Berge zu unternehmen. Über kleine Nebenstraßen kommen wir nach Volturino, von dort geht es weiter nach Roseto Valfotore. Es ist ein hübsches Dorf, wie alle Bergdörfer hier proper und gepflegt. Herumliegenden Müll, wie man es von den Ortschaften an der Küste kennt, gibt es nicht, dafür sind alle Dörfer mit bunten Blumen in Töpfen und Trögen geschmückt.

Apulien  Volturino

Der Kramerladen in Roseta Valfotore verkauft nicht nur Trüffel in Gläsern, sondern auch frischen Trüffel. In Ermangelung einer Kühlmöglichkeit müssen wir uns leider auf konservierten Trüffel beschränken. Bei unserem Dorfspaziergang ziehen wir die neugierigen Blicke sämtlicher Bewohner auf uns.

Apulien Roseto Valfotore

Dann geht’s für das Nachtlager zurück zum Lago Pescara. Vorher leisten wir uns im Dorf Biccari ein Abendessen. Nur wenige Gäste sind in dem ristorante kurz nach der Dorfausfahrt. Wir werden aufmerksam bedient und lassen uns die pasta mit Tomatensauce schmecken. Der Wirt erzählt, sein Sohn arbeite als Koch in einem sehr guten italienischen Restaurant in Dubai und die Mama schicke ihm die Rezepte.

Froschgequake, Glühwürmchen und ein funkelnder Sternenhimmel sind die Requisiten für diese letzte Nacht am See. Morgen geht’s zurück.

Apulien am  Lago Pescara

Literatur:
Ekkehart Rotter, „Apulien“, Dumont Kunstreiseführer
Wolfgang Stürner „Friedrich II.“, Primus Verlag
„Mann aus Apulien“, Horst Stern, Knaur

 

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